@Silver Surfer
Im Prinzip stimme ich Dir zu. Allerdings liegen die Dinge nicht in allen Dingen ganz so einfach bzw. ich stimme nicht bei allen Aussagen zu.
Zunächst muß man deutlich sagen, dass die Kundenorientierungen der HD-Dealer im Vergleich zum Autohandel ausgesprochen dürftig ausfallen. Ich sehe da auch eher eine Geldorientierung. Ein oder zwei Veranstaltungen wie das Open House mit einem Würstchenstand und Getränken (natürlich gegen Bezahlung) sind es in der Regel und soweit ich beobachten konnte, tut der Händler selbst dazu herzlich wenig, außer den Laden geöffnet zu lassen. Diese Veranstaltungen leben nicht durch Aktivitäten der Händler, sondern durch die treu erscheinenden Kunden auf ihren Premium-HDs. Im Gegensatz dazu muß jeder Autohändler Hand- und Kopfstand machen, um die Kunden zu solchen Events in den Showroom zu bekommen - bei wesentlich höheren Kosten und geringeren Margen. Dagegen leben die HD-Dealer in Deutschland im Schlaraffenland - was sie den großen Fehler machen läßt, bequem zu sein. Die Jungs sind so gestopft, die haben mit ihren Kunden wirklich nichts mehr gemein.
Ganz im Ernst: was sich HD-Dealer hinsichtlich Vertriebsaktionen, Verkaufsunterstützung, Kundenansprache etc. leisten, würde bei jedem normalen Autohändler direkt in den Konkurs führen. Rabatt, Inzahlungnahmen, Kulanz, angemessene Preise generell? Fehlanzeige. Statt dessen wird jeder Handgriff und O-Ring berechnet und die Preise nenne ich schlicht mal Mondpreise. Wer die zahlt, vergleicht entweder nicht oder hat zu viel Geld.
Das geht weiter in der Werkstatt. Was da abgeliefert wird, macht mir Angst und ich bin froh, aus der Garantie raus zu sein und das Bike bei einem Schrauber abgeben zu können, der weiß, was er tut. Müßig, hier Einzelheiten zu nennen, jeder weiß, was ich meine. Und mit Verlaub: Die Preise in den Werkstätten der HD-Dealer sind ein Schlag ins Kundengesicht.
Aber von nichts kommen die Immobilien, der Fuhrpark und Motoryachten des Dealers ja nicht, das ist halt die Lizenz zum Gelddrucken. Und solange der Kunde das alles auch noch "geil" findet, wird sich kein Händler mehr für seine Kunden interessieren, als gerade nötig. Insofern ist Kritik durchaus angebracht.
Nun zum technischen Sachverhalt. Für ca. € 27.500 ein Moped wie die Street Glide zu kaufen, bedeutet, man kauft zu einem absoluten Premium-Preis. Für das gleiche Geld gibt es richtige Autos mit aller erdenklichen Ausstattung von einem Händler, der einen auf Händen trägt. Bleiben wir doch mal auf dem Teppich. Inklusive aller Preisparameter von Produktion bis hin zu den Kosten des Vertriebs dürfte das Moped nicht wesentlich mehr als € 15.000 kosten. Da keiner das Bike zu diesem Preis bekommt, weil weder die MoCo noch der Händler etwas von ihrer Marge abgeben, wird ein gewaltiger Profit generiert. Diese Profit fließt nicht per Rabatt oder Kulanz oder feudalen Events in die Taschen des Kunden in Form eines exzellenten Service zurück, sondern verbleiben beim Dealer und der MoCo. Mit anderen Worten: die verdienen ausgesprochen gut. Noch übler ist das Verhältnis bei Zubehörteilen zwischen Verkaufspreis und realistischem Preis. Ein Stück gebogenes Blech, gennant Antennenhalterung Relation Kit, kostet mal eben € 90, ein Navigationsmodul aus der Steinzeit kostet € 2.000 (das Radio kostet extra). Einbau natürlich zuzüglich. Und das finden wir normal
Das ist alles schön und gut, wenn der Kunde für Premium-Kohle auch Premium-Produkt in jeder Hinsicht erhält. Weder erhält der Kunde ein Premium-Produkt noch Premium-Service. Flächendeckender Service? Fehlanzeige. Kundenorientierung bei Harley hieße doch: Wann fährt der Kunde in der Regel? Am Wochenende! Wann müssen wir parat stehen und Werkstattservice mobil und offene Werkstätten bieten? Am Wochenende! Und zwar kostenfrei und kompetent. Die Realität sieht jedoch anders aus. deine Bike läuft nicht mehr? Dann bring es mal vorbei. Ist dann in ca. 2 Wochen fertig.
Also, so ganz einfach ist über die Verärgerung über die technischen Probleme des M8er nicht hinweg zu gehen. Es zeigt aber auch, dass es letztlich um den Profit geht und den möchte man eben nicht ohne Not schmälern. Das hohe Lied auf amerikanische Ingenieure möchte ich nicht singen. So, wie die Kleinigkeiten abfeiern, die seit Jahren bei anderen Fabrikaten Standard sind, scheint hier der Profit eben auch vor Entwicklung zu stehen - etwas, was wir aus dem Automobilbereich ja auch kennen, siehe Saab oder Opel: Ingenieure? Feuern und durch ein paar Ami-Ings ersetzen und auf niedrigstem Niveau entwickeln. Es darf nur nicht teuer sein. In diesem Sinne sind die 2018er Modelle für Harley das dollste seit der Unabhängigkeit und der Mondlandung - in Wirklichkeit haben sie gerade mal einen neuen, simplen Rahmen hinbekommen. Kein Wunder, dass die MoCo bei ihrem kurzen Gastspiel bei
MV Agusta nach kurzer Zeit das Handtuch geworfen haben: die Italiener waren zu innovativ, zu schnell und haben echten Spirit für Bikes gehabt - ohne Rücksicht auf Kosten-Controller. Das mag der US-Shareholder nicht und dreht durch. Harley ist nicht mehr, was es mal war.
Nicht, dass ich falsch verstanden werde: ich mag Harley, aber ich bin mir auch stets bewusst, dass ich technische Rückständigkeit völlig überteuert bezahle. Der Spaß hört aber da auf, wenn es technische Unausgereiftheit wird. Und sorry, da wird der Premium-Kunde wie gewohnt im Regen stehen gelassen.
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Yep am 10.10.2017 15:57.