Der Sportster-Motor selber (also nicht der ganze Triebstrang) ist mit seinen 4 zahnradgetriebenen Nockenwellen viel aufwendiger als der TC mit nur 2 Nockenwellen, die von einer billigen Steuerkette angetrieben werden. Zahnräder müssen wegen ihres präziseren Zahneingriffes viel teuerer produziert werden als schlackrige Ketten auf Kettenrädern. Und die Kurbelwelle muss auch noch viel steifer sein. Deswegen, und nur deswegen, sind Zahnradgetriebene Nockenwellen sonst ausgestorben.
Gleiches gilt für die teuren aussenliegenden Ölpumpen, angetrieben von einer teuren Schneckenverzahnung für 90 Grad Umlenkung des Sportymotors im Vergleich zu den billigeren Innenliegenden Pumpen des TC direkt auf die Nockenwelle gesteckt ohne jeglichen separaten Antrieb. Hinzu kommt der Wegfall der Öltankverschlauchung beim gummigelagerten TC. Eine Aluwanne unterm Getriebe kommt auch billiger als der separate Öltank der Sporty unterm Sitz. Man sieht, der TC-Motor wurde kostenmässig gegenüber dem Sportstermotor bereits erheblich simplifiziert und optimiert. Die Rückkehr zu einer Nockenwelle bei 107er verstärkt diesen Trend. Bin mal gespannt, was sie noch alles wegrationalisiert haben: Getriebe angegossen und gemeinsamer Ölhaushalt mit Motor wie beim streetmotor? Gleitgelagerte Pleuelfüsse nebeneinander wie bei allen anderen V-Motoren dieser Welt spart die extrem teure gebaute Kurbelwelle gegenüber einer billigen einteilig mit einer Presse geschmiedeten sowie das teure Gabelpleuel? Beim TC ist noch viel Luft zu weiterer Kostenoptimierung
Das ist summa summarum von der Kostenseite schonmal fatal für den Sportstermotor im Vergleich zum TC-Motor.
Wenn man die 5-Achsen-Bearbeitungszentren mal außen vorlässt, sind in der KFZ-Fertigung auch sehr viele Spezialmaschinen unterwegs, die nur ein ganz bestimmtes Teil produzieren können, das aber hochpräzise in höchsten Stückzahlen, weil ein hochflexibles 5-Achsen-Bearbeitungszentrum völlig overdone und auch viel zu langsam für diesen Job wäre, und weil diese wohl schon abgeschrieben sind, lässt sich der Sportstermotor noch einigermaßen kostendeckend produzieren. Untrügliches Indiz: Die einzigen Hauptabmessungen (und die sind entscheidend für die Abmessungen der beweglichen Innereien und deren Spezialisierte Werkzeugmaschinen), die von 2003 auf 2004 geändert wurden, sind die des Getriebes. Das ist als einziges ab 2004 wirklich neu und deutlich anders. Dieses Dilemma hatte Harley mit der kleinen Baureihe schon seit 1929. Deswegen wurde immer so wenig wie möglich umkonstruiert, um die Umlagekosten (Konstruktion, neue Produktionsmaschinen) zu drücken. Deswegen erhielt der kleine Motor erst 21 Jahre nach dem großen hängende Ventile, und der wegen den 4 untenliegenden zahnradgetriebenen Nockenwellen teure Flatheadblock von 29 wurde im Layout und in den Hauptabmessungen von 29 bis heute genau deswegen nie verändert. Nur sind für diese archaisch typisch aufwendige Konstruktion mittlerweile die Produktionskosten durch die Decke gegangen, eben weil sie zur Drückung der Umlagekosten nie die zahlreichen Rationalisierungsschritte der BTs mitgemacht hat. Jetzt hat Harley aber in den sauren Apfel einer neuen kostenoptimierten Konstruktion gebissen und sich mit dem Streetmotor eine Alternative geschaffen.
Doch auch die Optimierung von 2004 hat hohe Kosten in der Konstruktionsabteilung erzeugt, die auf jedes verkaufte Mopped umgelegt werden müssen. Bei einer so aufwendigen Konstruktion wie dem Sportstermotor sind die natürlich erheblich höher als bei einer im Stil des 21. Jahrhunderts kostenoptimierten durchrationalisierten Konstruktion wie dem Streetmotor. Der hat dann nur noch eine primitive Druckumlaufschmierung mit nur noch einer innenliegenden Ölpumpe, ohne Öltank samt erforderlicher Verschlauchung sowie einen gemeinsamen Ölhaushalt mit dem Getriebe, weiterhin nur noch Steuerketten und keine Hydros mehr. Also eine billige japanische Standardkonstruktion. Man bekommt den Eindruck, sie haben 2004 beim Sportymotor so wenig wie möglich geändert, um die Umlagekosten im Zaum zu halten und gerade noch eine Einspritzanlage für die 2003 schon absehbare Euro 3-Norm (die oft eine Art modifizierte Kopie der vorauseilenden californischen Norm ist, so wie jetzt Euro 4 den Aktivkohlefilter für die Tankentlüftung von der kalifornischen Norm übernimmt) vorzubereiten (Platz für eine große Lichtmaschine und Kurbelwellenpositionssensor waren schon 2004 da)
Das ABS der Sportster ab 2014 wirkt bereits wie nachträglich provisorisch drangepappt.
Daher bin ich ganz bei Asgar. Die Vollkostenrechnung für den Sportstermotor konnte nur deswegen noch gegen das zu niedrig angesetzte Preisniveau kostendeckend dargestellt werden, weil man 2004 so wenig wie irgendmöglich umkonstruiert hat und die Werkzeugmaschinen teilweise abgeschrieben sind. Eine Zukunft hätte der Sportymotor nur in der Ausgprägung des XR-1200 -Motors wegen dessen ölgekühlter Zylinderköpfe, aber mit deutlich reduzierter Leistung, der bis auf die kostengünstig auf die Nockenwellen gesteckten Ölpumpen (wie beim TC) aber noch teurer zu produzieren war als der XL-Motor. Offensichtlich haben die Stückzahlen nicht mal für die schwarze Null ausgereicht. Also bleiben nur 2 Möglichkeiten
- entweder man positioniert die Sportster mit XR-Motor preislich deutlich höher. Dann muss aber auch die Streetbob und alles darüber nach oben geschoben werden (Risiko!)
- oder man ist, wie traditionell im Fahrzeugbau, und insbesondere bei Harley, risikoscheu und bohrt den Streetmotor als Sportstermotor auf
Dieser Beitrag wurde schon 13 mal editiert, zum letzten mal von niterider am 11.08.2016 21:20.