Das Problem: Der Tank als ein wesentlicher Bestandteil der Optik ist Fake. Die an den tragenden Motorblock bzw. sein Rahmenheckfragment angeschweißten „Fenderstruts“ sind Fake. Und Faketechnik und Umbau vertragen sich nicht wirklich. Insofern sind die im Video gezeigten „Umbauten“ auch nur „Kosmetik“, weil echte Umbauten von Faketechnik OEM-Aufwand erfordern würden und damit weit jenseits der Möglichkeiten eines Customizers rangieren. Da ist ja BMW’s R18 weit mehr für Umbauten geeignet, weil hier eigentlich nur die Softail-artige Cantilever-Schwinge Fake ist und deswegen von dem Umbauern auch nicht wirklich angetastet wird (andere Federbeine, Felgen, Fender sind kein Schwingenumbau).
Harleys klassische Luftgekühlte standen bisher für möglichst wenig Faketechnik (eigentlich war nur die Softailschwinge eine solche), deswegen stand Harley immer im Zentrum des Umbauer-Universums und die modernen Moppeds als Inbegriff der Faketechnik (= nichts ist das, was es zu sein scheint, der eigentliche Content ist hinter nichtssagenden Covern versteckt, weil abgrundtief hässlich) ganz am Rande. Das ist bei Harley gerade am Kippen. Ich hätte den Engineeringaufwand dafür verwendet, so wie bei BMW’s R18, RE und Indians Thunderstroke-Reihe als Alleinstellungsmerkmal weiterhin sowenig Faketechnik wie möglich zu verwenden. Der Content ist bei diesen Beispielen ansehnlich, vorzeigbar und erfordert damit einen erheblich höheren Engineeringaufwand als die Technik mit Waschmaschinenoptik.
Fake ist daran im Grunde, dass eine hochmoderne Maschine auf gefakte Altoptik der klassischen Sportster getrimmt wurde. Damit ist es ein Commodity-Produkt. Wie jeder Betriebswirt weiß, lässt sich Commodity nur über Zahlen verkaufen: und zwar über das Verhältnis der technischen Parameter, i.e. der Leistungen im weiteren Sinne zum Preis. Das ist exakt das Gegenteil zu Premium. Hier lassen sich hohe Preise über die Alleinstellungsmerkmale erzielen, obwohl die technischen Parameter i.e. Leistungen weit unter dem Marktstandard liegen. Ein schönes Beispiel sind mechanische Uhren wie Rolex oder Jäger le Coultre, deren technische Parameter und Leistungen nicht im entferntesten die einer digitalen Kaufhaus — Uhr erreichen.
So driftet Harley ab ins Beliebige. Was an dieser modernen Ausrichtung noch Alleinstellungsmerkmal sein soll, ist mir schleierhaft

. KTM’s und Ducati‘s V2‘s reichen technisch fast an diesen Motor ran und werden ihn beim nächsten Update übertreffen. Ob Harley bei diesem Parameter-Rattenrennen auf Dauer mithalten kann? Nichts verkauft sich schlechter als veraltete Leistungsmerkmale moderner Technik.
Was Zeitz sich hierbei gedacht hat

. Im Grunde hat er den von Levatich eingeschlagenen Weg nicht wirklich verlassen, statt der modernen ehrlichen Bronx von Levatich will er uns eine Fake-Sportster mit abgestecktem Fahrwerk andrehen. Strategisch beim viel kleineren Konkurrenten Indian abkupfern, der mit der Scout eigentlich nur eine Resteverwertung der noch in der Pipeline befindlichen Victory-Modelle betrieben hat: Was soll daran Premium sein? Der Name auf dem Faketank reicht jedenfalls nicht aus. Nach der ersten Welle der Käufer, die immer das Neueste haben müssen, sehe ich Harley schweren Zeiten entgegengehen. Leider
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)