Hallo zusammen,
mir ist bewusst, dass der "Idle Control" - also der mechanische Ersatz für die elektrische Standgasregulierung - hier schon in einem längeren Thread Thema war. Die gegensätzlichen Einschätzungen haben mich dabei eher ratlos zurückgelassen, so dass ich hier versuchen möchte, detailliert die Erfahrung zu schildern, nach der ich seinerzeit gesucht habe.
Ich hoffe, das ist für andere eine Hilfe für Entscheidung und schließlich Einbau!
Ich fahre eine Dyna "Wide Glide", Baujahr 2015, die weitgehend im Originalzustand ist (Das bedeutet 103 Kubik-Inch, Einspritzanlage). Es sind allerdings "Penzl" Klappen-Auspufftöpfe verbaut, und ich habe ein "Dyno Jet" "Power Vision"-Modul mit einem mitgekauften, auf einem Prüfstand erzeugten Mapping benutzt, um die Motoreinstellung anzupassen. Mit dem Mapping des "Power Vision"-Moduls wurde die Leerlaufdrehzahl von etwa 1100 Umdrehungen/Min. auf 900 reduziert. Laut Aussage des Verkäufers sollte ich das Standgas möglichst nicht weiter elektronisch herunterregeln.
Startverhalten und Leerlaufdrehzahl variierten mitunter leicht. Wenn dabei der Lehrlauf zeitweilig etwas unter 900 Umdrehungen/Min. fiel, ließ sich das Getriebe besser schalten, weil die Drehzahl deutlich schneller abfiel, sobald ich das Gas wegnahm. Dieser Effekt hat mich dazu gebracht, mir schließlich zusätzlich den "Idle Control" zuzulegen.
Dazu gibt es von "American Motors", Kerken ein Youtube-Video, das den Einbau in eine 1200 Sportster zeigt.
Bei der "Wide Glide" ist das Hochsetzen des Tanks etwas aufwändiger, aber das ist natürlich kein größeres Problem. Die Verschraubung ist außerdem nicht seitlich, sondern vorne und hinten, was schon ungleich mehr nerven kann. Befestigt ist der Verstellmotor mit speziellen M4X18 Schrauben mit einem T 20 Innentorx-Kopf und einer Zentrierspitze. Der Standgas-Motor ist etwa 40,5mm hoch, und der Platz darüber ist durch den Motorhalter eng begrenzt, so dass man mit einem normalen Torx-Schlüssel nur schlecht klarkommt, wenn man den Motorhalter nicht lösen möchte. Ich habe mir deshalb einen (extra langen) 50mm Bit-Einsatz für einen Akku-Schrauber mit einer Flex-Trennscheibe auf etwa 45mm gekürzt. Dieser lässt sich mit einem 1/4" Schraubenschlüssel mit der notwendigen Kraft bewegen. Das machte den Aus- und Einbau von Standgas-Motor und später "Idle Control" total problemlos. Die Schrauben sind mit Loctite gesichert, was aber in meinem Fall kaum spürbar war.
Man muss außerdem die Gaszüge an den Einstellschrauben locker drehen, um den Einstellmotor unter dem Halter der Gaszüge an der Einspritzanlage herausziehen zu können.
Die Einbauanleitung gibt an, man müsse das Einstellrad des "Idle Cotrol" zum Start bis zum Anschlag herausdrehen. Das führte in meinem Fall dazu, dass der Motor beim Anlassen viel zu hoch drehte. Ich habe mir daraufhin am Einstellrad eine Markierung gemacht, um die Startdrehzahl auf etwa 1500 Umdrehungen/Min. einzustellen. Wenn ich das Rad dagegen bis zum Anschlag hineindrehe, reduziert sich die Lehrlaufdrehzahl bei warmem Motor auf knapp 800 Umdrehungen/Min. Die Stellung zum Anlassen ist etwas mehr als eine volle Umdrehung weiter heraus (gegen den Urzeigersinn).
Nach dem Anlassen drehe ich die Drehzahl sofort auf etwa 1300 herunter, lasse das Motorrad kurz laufen und reduziere dann auf 1150. Alles Weitere nach dem Losfahren.
Das ist insofern weniger einfach, als es die Werbung versprach, weil ich mehrmals die Leerlaufdrehzahl nachregulieren muss. Ich fühle mich aber für diesen Aufwand weit mehr als entschädigt dadurch, dass ich den Leerlauf immer etwas niedriger halten kann, als es der Serien-Verstellmotor tat. Dadurch lässt sich das Motorrad deutlich besser schalten. Nachdem die Betriebstemperatur erreicht ist, und ich die Einstellschraube komplett hereingedreht habe, bleibt das Standgas konstant im Bereich von knapp 800 Umdrehungen/Min. Das ist noch nicht Panhead mit Vergaser und Langhuber-Kurbelwelle, aber es kommt dem deutlich näher als vorher. Das Motorrad wird weniger heiß, es läuft ruhiger, fährt und schaltet sich besser. Angedrohte negative Effekte wie das Angehen der Motor- oder Ladekontrollleuchte blieben bei mir aus.
Nach kurzen Stopps (Tanken, Bahnschranke) reicht es, das Einstellrad zwei Rastenstellungen weiter herauszudrehen, um das Motorrad anzulassen. Danach kann man die Drehzahl sofort wieder ganz herunterdrehen.
Also ich für meinen Teil würde sagen, dass ich in mein Motorrad noch nie 150,- Euro (inkl. Versand und Paypal-Gebühren) besser investiert habe als für den "Idle Control"!
Viele Grüße
Robert
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von robertdoepp am 22.06.2020 16:03.