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Zitat von Websucht
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Zitat von Might Is Right
Die Frage kannst du dir nur selbst beantworten, in dem du einmal eine Panhead oder ne Shovel gefahren bist. Das hat einfach etwas mit Hochgefühl zu tun!
Ne Pan oder eine Shovel habe ich noch nicht gefahren, mir hat aber die 89er Sporty meines Kumpels mit dem starren Evo gereicht, sorry aber was ist daran "Hochgefühl" wenn die Hände und Fußsohlen nach 100km taub sind, die Spiegel nur was zeigen wenn der Motor aus ist, die Tachonadel so zittert das man in Erwägung zieht bei seinem Optiker einen Termin zu machen und das Nummernschild und andere Teile Risse bekommen oder ganz abfallen...
Wem das Spaß macht bitte, ich brauche dieses "Hochgefühl" nicht, habe ich bei meinen andren Motorrädern auch nicht und es macht trotzdem jede Menge Laune...
So, jetzt die Obligatorische Probefahrt auf der Road King mit M8 absolviert.
Der Freundliche bestätigte meine Eindrücke: Das ist das richtige Motorrad für Leute wie Websucht, die die gleichen Qualitäten wie von ihrem früheren japanischen Harley-Kopie fordern, jetzt aber bereit sind, den erheblichen Aufpreis für den Statusupgrade zu zahlen, dadurch daß Harley auf dem Tank steht. Die M-8 Modelle haben in der Tat japanischen Standard erreicht (spurstabiles Fahrwerk auch noch bei 150 kaemmha, aber trotzdem exzellenter Komfort auf Schlaglochpisten, davon gibt's in Ffm so einige). Durch dieses Niveau konnten die Leute, die Harleys toll finden, aber unüberwindliche Angst vor der archaischen Technik hatten (beziehe mich auf etliche Aussagen mir gegenüber), ihre Angst vor der Harleytechnik überwinden, weil es sich eben genauso anfühlt wie ihr Japaner. Der Freundliche weiss über reissenden Absatz an Ex-Japaner-Cruiserfahrer zu berichten. Modelljahr 2017 ist bereits ausverkauft, für Bestellungen von Modelljahr 2018 nimmt er nichts, auch keine HD, in Zahlung! Hat gegen ein gutes Fahrwerk eigentlich kein Motorradfahrer was einzuwenden, bedeuted das für die Alt-Harleyfahrer, daß der Motor eben auch absolut japanisch seelenlos läuft.
=> Geräusch: Ein Vierventiler kann eben nur effizient "plopp - Plopp" machen, da das typische schmatzende Harleygeräusch eben nur durch den durch nur 2 Ventile bedingten langen Flammweg in die eine und kurzen Flammweg in die andere Richtung entstehen kann. Mit lauteren Auspüffen kann ein Vierventiler nur lauter seelenlos "Plopp - Plopp" machen, wie wir es von japanischen Harley-Kopien zur Genüge kennen.
=> Vibrationen: Ausgleichswelle in Kombination mit gummigelagertem Triebwerksblock führt Harley an die "Spitze" der Vibrationsarmut dieser Motorkategorie, weil die Konkurrenz ausnahmslos nur Ausgleichswellen hat. Die Alt-Harleyfahrer lieben nun mal die kauzigen und mürrischen Eigenheiten, die diesem Triebwerk bis zum TC eine Ausnahmestellung verliehen. Der Ex-Japanerfahrer, der vor den vermuteten selbszerstörerischen Auswirkungen dieser Technik schon immer eine tiefsitzende Furcht hatte, schüttelt da nur verständnislos den Kopf, wie das obige Zitat schön zeigt, kann er doch jetzt endlich endlich "Harley Davidson" auf dem Tank spazieren fahren, ohne ANGST -Zustände durch die merkwürdigen Lebensäußerungen dieses Triebwerks zu haben.
=> Mechanik: das Getriebe schaltet sich japanisch perfekt, das typische "Klonk" beim Einlegendes ersten Ganges ist Vergangenheit.
=>Drehmoment: Der Motor hat einen beeindruckenden Druck. Der Vierventilkopf erlaubt den Tunern erheblich grössere Drehmoment- und über höhere mögliche Drehzahlen Leistungssteigerungen. Gemäß ersten Tunigversuchen in der Presse dürften in der Endausbaustufe mit 2,1 ltr 150 -160PS drin sein. Die Drehfreudigkeit eines Vierventilers beeindruckt schon beim Serienaggrehgat mit 107 Cui.
=> Nutzen: die Nutzbarkeit als Reisemotorrad mit der Sprtstärke und dem auch bei höherem Tempo und in Kurven stabilen und gleichzeitig komfortablen Fahrwerk ist nun wettbewerbsfähig, allerdings zu einem hohen Preis.
Mein bewußt zugespitzter Kommentar: In den 60ern baute die Avantgarde die Hardcore-Starrahmenchopper aus ausgemusterten Polizeimotorrädern mit zu kleinem Sportytank oder dem Tank des US-Kleinkraftrades "Mustang" , um sich von den komfortablen E-Glides und den "unkaputtbaren" Japanern bewußt abzugrenzen, sie wollten eben nicht zu den "You meet the nicest People on a Honda" gehören. Die ANGST, hier vor Technikdefekten und peinlichem Abbrechen der Tour wegen mangelndem Komfort ist eine typische Spiesser-Eigenschaft. Der Spiesser definiert sich eben über seine ANGST, aus der Reihe zu tanzen, etwas im Lebenslauf falsch zu machen, zu kaufen, liegen zu bleiben, extremen Konzepten nicht gewachsen zu sein, belächelt zu werden. Der von den jungen Spiessern von heute, die zurück in die heimeligen 50er wollen, naturgemäß nicht mehr verstandene Film Easy Rider (hat doch kaum Action, ist doch viel zu dialoglastig) bringt genau diese Definition des Spiessers auf den Punkt: "Warum haben die Spiesser Angst vor uns? Weil sie Angst vor der Freiheit haben", nämlich der Freiheit, abseits von ausgetretenen optischen und technischen, "SICHERHEIT" vorm Liegenbleiben und /oder Ausgelacht-Werden verheißenden Pfaden zu wandeln. In den frühen 90ern wurde man als Harley-Fahrer in Deutschland von den Motorradspiessern auf BMW oder Hondakawasuha noch ausgelacht, für einen Spiesser eine unerträgliche Vorstellung. In USA war die Superglide von Willi G die Antwort auf diesen avantgardistischen Kundenkreis. Während die Super Glide in Europa überhaupt erst die Jugend der 70er zu Harley brachte, die sich auf einer von der US-Polizei genutzten E-Glide genauso spiessig gefühlt hätten wie auf einer von Europas Polizeien genutzten BMW mit Gläser-Verkleidung, dürfen wir nicht vergessen, daß die konservativen Spiesser der USA auf der E-Glide eine Haupteinnahmequelle von Harley bis heute sind, genau wie in Deutschland und anderen EU-Ländern ohne eigene Motorradindustie konservative Spiesser kein Motorrad ausser BMW kaufen würden. Selbst Italiens Spiesser fahren immer mehr auf BMW´s Wasserboxer ab. In Kalifornien dominieren E- und Road - Glide geradezu das Motorrad-Strassenbild.
Insofern hat Harley als kommerzielles Unternehmen mit dem M8 alles richtig gemacht, da der die spiessige aber liquide Stammkundschaft in USA bei der Stange hält und europäische Spiesser von der ANGST befreit, einen technisch- funktionellen Exoten zu fahren, vermitteln doch M8-Harleys das heimelig vertraute sichere Japaner-Gefühl, also denkt der Spiesser beruhigt "Nichts falsch gemacht für soviel Geld". Dass sich Harley damit von der Avantgarde in Europa und USA endgültig verabschiedet, wird bei diesem neuen Business-Plan als radikaler Strategiewechsel offensichtlich bewußt in Kauf genommen, sonst hätte man sich nicht absichtlich 20 Jahre mit allen technischen Tricks gegen den Trend von 4-Ventil-Kopf und Flüssigkeitskühlung gestemmt. Die 30 - 40-jährigen tummeln sich eh längst in der Cafe-Racer und Scrambler Scene, wo sie wie ihre Avantgarde-Vorväter der 60er und 70er 20 - 40 Jahre alte ehemalige Spiesser-Motorräder wieder radikal umbauen. Sichtbarstes Indiz: auf den Scene-Events von Biarritz über Monthlery, Ace-Cafe bis Glemseck ist noch kein einziger spiessiger Kofferfisch gesichtet worden, auch nicht als peinlicher ewig gleicher "Bagger". Stattdessen tritt hier seitens HD die Sportster als letzter Vertreter der Avantgarde in den Wettbewerb und wird von Harley dort auch als einziges Modell präsentiert. Warum? Nun, sie erfüllt alle exzentrischen Anforderungen an ein Avantgarde-Motorrad: Leichtestens radikal umzubauen (schön auch hier im Forum zu sehen), mit dem 8,5 ltr Peanuttank, einem archaischen Evo-Motor und merkwürdiger Bremsauslegung (vorne zum Würgen, hinten zum Auskeilen) ganz ganz sicher zu nix nutze, aber mit einer herrlichen Heavy Metal Optik. Da der archaisch und damit extrem teuer konstruierte Motor (sowas Unsinniges liebt die Avantgarde) Harley aber nicht soviel wie ein Standard-Japankonzept in die Kassen spült, ist zu befürchten, daß Harley sich von diesem letzten Angebot an die Avantgarde ebenfalls verabschiedet
Ich hoffe, Ihr verzeiht mir diesen Exkurs, aber ich wollte die bei Harley besonders schizophren zwischen Spiessern und Avantgarde gespaltene Kundschaft etwas genauer beleuchten. Aufgrund dieser schizophren gespaltenen Kundschaft erlaube ich mir auchkein Urteil über den M8, ob das jetzt eine richtige oder falsche Strategie war. In den technischen Wettbewerb zu treten und die Alt-Harleyfahrer, die bewußt auf moderne Grosserienstandardtechnik Pfeifen damit zu verlieren, ist angesichts von Harleys Ressourcen und Fähigkeiten ohne Großkonzern im Rücken aber sicher ein äußerst Riskanter Weg. Der M8 wird sicher nie ein Sammlerstück, sondern nach Ablösung des Wild-Star-Motor nichts als eine dann veraltete Kopie eines Yamaha-Motors ein. Wenigstens der Triebstrang ist noch ein typischer archaischer, weil extrem aufwendiger Harley-Triebstrang geblieben (Primär- UND Sekundärtrieb links). Ob der in ein paar Jahren auch noch den Controllern zum Opfer fällt, werden wir sehen.
Neben dem kaufmännischen Grund spielten bei der Entscheidung für den M8 sicher noch zwei weitere Gründe eine wichtige Rolle:
- die Sicherheit, dass ein Vierventiler mit kurzen, gleichlangen Flammwwegen auch die Euro 5 ab 2020 schafft (entpricht i.d.R. Kalifornischen Abwürgnormen, die schreiben offensichtlich voneinander ab)
- der erschreckende Erfolg des in der Harley-DNA schon geradezu paranoid verankerten Angstgegners Indian. Da der in seinen Tourern serienmäßige Ausgleichswellen hat, mußte Harley wie in den 20ern und 30gern unbedingt gegenhalten und mit Beibehaltung der Gummilagerung und 4 Ventilen /Brennraum übertrumpfen. Die bis auf die Gummilagerung gleiche Technik in Yamahas Wild Star-Motor hatte Harley hingegen noch 20 Jahre kalt gelassen. Von Indian sieht sich Harley dagegen bezüglich seiner Spiesser-Stammkundschaft herausgefordert.