Systematische Diagnose bei Vergaserpatschen (aus gegebenem Anlass)
Mögliche Ursachen in der Reihenfolge der Häufigkeit
(ohne Zündkerzen oder mechanische Defekte)
Undichter Ansaugtrakt 40%
Falsche Bedüsung 35%
Unterdruckbenzinhahn 10%
Zündung früh 5%
VOES 5%
CPS 5%
Vorgehensweise bei der Fehlersuche CV-Vergaser
Zuerst muss man sich darüber im Klaren sein, dass Vergaserpatschen weit mehr Ursachen haben kann, als ich hier aufgelistet habe, allerdings ist deren Häufigkeit minimal, aus diesem Grunde vernachlässige ich hier mechanische Defekte (undichtes Einlassventil) oder nicht funktionierende Zündkerzen, undichte Unterdruckschläuche etc. Dennoch ist bei den Zündkerzen zu beachten, dass insbesondere EVOs gerne mal bei Fehlzündungen Zündkerzen zerstören.
Undichter Ansaugtrakt
In diesem Bereich schließe ich auch undichte Abgassysteme oder zu offene Auspuffanlagen und ohne Interferenzrohr ein. Undichte Ansauggummis sind die häufigste Ursache für Vergaserpatschen.
Prüfung: Maschine bei Betriebstemperatur im Bereich der Flansche zu den Zylinderköpfen mit Bremsenreiniger besprühen und beobachten ob der Leerlauf sinkt, bzw. die Maschine ausgeht. (Vorsicht Bremsenreiniger ist brennbar) Gleiches gilt für Starterspray, nur steigt dann die Drehzahl (auch brennbar)
Abhilfe: Ersetzen der Ansauggummis und dabei korrekte Neuausrichtung des Manifolds
Falsche Bedüsung, Teillastbereich
oder falsche Stellung der Gemischregulierschraube.
Prüfung: Fahrzeug ist betriebswarm, im Leerlauf einen schnellen Gasstoß ausführen und Gas sofort wieder loslassen. Der Motor muss schnell wieder auf das Leerlaufniveau zurückkommen und darf nicht Patschen. Dauert dies länger ist der Teillastbereich zu mager. Kommt die Maschine beim Gasgeben verspätet erst auf Drehzahl, zieht dann aber schnell hoch, ist auch das ein Indiz.
Prüfung im Fahrbetrieb (betriebswarm): Fahren in hohem Gang bei niederer Drehzahl – Maschine macht mehr oder weniger regelmäßig einen “Patscher“, läuft dann aber wieder normal weiter.
Abhilfe: Leerlaufgemischschraube im Gegenuhrzeigersinn jeweils ¼ Umdrehung herausdrehen und erneut prüfen. Ergibt sich eine Verbesserung, aber es ist noch nicht optimal, jeweils den Vorgang wiederholen.
Ist die Gemischregulierschraube mehr als 3 ganze Umdrehungen herausgedreht, ist die LLD zu klein – auf die nächste Größe ändern 42, 45, 48
Beim Fetterdrehen sinkt automatisch ein wenig die Leerlaufdrehzahl, beim Magererdrehen steigt die Leerlaufdrehzahl. Standgasschraube immer entsprechend nachregulieren. Das Ganze ist nun ein Spiel zwischen den beiden Regulierschrauben. Ruhig mit etwas höherer Standgasdrehzahl beginnen.
Das Leerlaufsystem ist dann richtig eingestellt, wenn sich langsam ein schöner, gleichmäßiger “Potato-Sound“ einstellt, und die Maschine Gasbefehle sauber und schnell annimmt.
Bevor Änderungen an der Gemischregulierung oder den Düsen vorgenommen werden, muss überprüft werden, ob die Beschleunigerpumpe arbeitet. Dies überprüft man bei ausgeschalteter Maschine, schaut ins Venturirohr dreht schnell den Gasgriff auf 100% und beobachtet dabei gleichzeitig, ob von der bronzefarbenen Messingstanddüse ein sauberer, kräftiger Benzinstrahl eingespritzt wird. Tröpfelt es nur heraus, oder ist der Strahl nicht kräftig, ist zuerst die Beschleunigerpumpenmembran zu ersetzen.
Anders herum kann es natürlich in seltenen Fällen sein, dass das Teillastsystem zu fett eingestellt ist. Ständig verrußende Kerzen und dunkle Rauchwolken bei Gasstößen aus dem Auspuff sind ein Indiz dafür. Maschine dreht bei Gasstößen widerwillig hoch, aber relativ schnell wieder runter.
Falsche Bedüsung, Volllastbereich
Dies wird im höchsten oder zweithöchsten Gang bei betriebswarmer Maschine getestet. Mit niederer Drehzahl in hohem Gang fahren und das Gas (Drosselklappe) schlagartig auf 100% öffnen. Ein stetiger und konstant zunehmender Schub sollte sich einstellen, der sich mit steigender Drehzahl noch kräftiger wird. Bricht die Maschine zunächst ein, (Drehmomentloch) und legt dann erst an Leistung zu, wenn auch gut, ist die Hauptdüse zu klein.
Eine zweite Testvariante funktioniert so: Gleicher Fahrzustand, Gas voll öffnen und nach etwas 1 sec wieder langsam zurückdrehen. Ergibt sich beim Zurückdrehen der Eindruck einer leichten Beschleunigung ist die Hauptdüse zu klein.
Abhilfe: Hauptdüse in 5er-Schritten vergößern, 170, 175, 180, 185, 190, 195 etc., bis ein stiger Schub, ohne Drehmomentloch erreicht ist.
Die Hauptdüse die die beste V-max erreicht, ist die richtige. Erkennt man keinen Unterschied in der V-max zwischen 2 aufeinander folgenden Düsengrößen, ist die größere Hauptdüse zu wählen. Dreht die maschine etwas zäher, aber ohne Drehmomentloch hoch, ist die Hauptdüse zu groß.
Unterdruckbenzinhahn:
Bevor man den Unterdruckbenzinhahn prüft, muss man erst erkennen, ob man einen solchen hat. Dieser Benzinhahn hat zwei Schläuche (z.B. Sportster 04-06), einen dicken Zufuhrschlauch und einen dünneren Unterdruckschlauch der oben auf dem Vergaser hinter dessen Unterdruckkammer auf einem Stutzen aufgesteckt ist. Ältere Modelle haben eine Y-Unterdruckschlauchverzweigung HAHN, VOES UND VERRGASERANSCHLUSS. Das VOES muss bei Umrüstung auf jeden Fall mit dem Unterdruckstutzen des Vergasers verbunden werden (einteilige Leitung). Der Unterdruckbenzinhahn wurde eingeführt, weil das Abstellen des Hahns nicht mehr erforderlich ist, er stellt sich selbst ab, auch bei “On-Stellung“, sobald die Maschine nicht mehr läuft, da im Manifold kein Unterdruck mehr erzeugt wird, der das im Hahn integrierte Bypassventil für den Spritfluss öffnen kann.
Ein weiterer Vorteil ist, dass bei einem undichten Schwimmernadelventil und stehender Maschine kein Benzin mehr über den Schwimmerkammerüberlauf auslaufen kann.
Neben diesen beiden Vorteilen hat dieser Benzinhahn aber nur noch Nachteile, die da wären:
Unsäglich langes Orgeln bei längerer Standzeit, bis die Maschine endlich Sprit bekommt und anspringt.
Wer einen schönen Potato-Sound haben möchte, hat das Problem, dass bei niedrigen Drehzahlen eben sehr wenig Unterdruck im Ansaugbereich erzeugt wird und der Spritnachfluss dadurch gehemmt, oder weniger stark ist, und genau da kann die Ursache für ein Patschen liegen.
Ein “Abzapfen“ im Notfall ist nur möglich, wenn man weiß wie es geht.
Es gab Mitte der 90er Jahre mal eine Rückrufaktion für diese Benzinhähne, wo die Membranen und die Federn getauscht werden mussten.
Wer dennoch diese Art Benzinhähne weiter verwenden möchte, kann das gerne tun, sollte aber immer mindestens 900 Umdrehungen Standgasdrehzahl eingestellt haben.
Abhilfe.
Konventionellen Benzinhahn ohne Unterdrucksteuerung einbauen, Unterdruck-Anschlussröhrchen am Vergaser mit Stopfen verschließen.
Benzinhähne mit 22mm Anschluss kosten etwa 25 Euro, diese Investition lohnt sich, wer es nobel haben möchte, greift zu Hähnen von Pingel oder Golan.
Nicht selten stellen sich Glücksgefühle ein, wenn der unterdruckhahn gegen einen konventionellen Hahn getauscht ist. Die Maschinen laufen in nicht allen, aber vielen Fällen im unteren Drehzahlbereich besser, und:
Ich entscheide wann meine Schwimmerkammer sprit bekommt, und nicht ein möglicherweise fehlerhaftes Unterdruckventil
VOES/Zündung: (nur bei älteren Maschinen vorhanden)
Das VOES ist ein mechanisch arbeitender Druckschalter mit sehr langer Lebensdauer, der dem Zündmodul das Signal gibt, wann mit steigender Drehzahl auf Frühzündung zu stellen ist. In ganz seltenen Fällen arbeitet das VOES bei Defekten so, dass dem Zündmodul, bei zu geringer Drehzahl der Frühzündungsimpuls gegeben wird und ein mehrmaliges “Patschen“ quittiert den Gasbefehl.
Abhilfe: VOES austauschen
CPS/Zündung, crank position sensor, Kurbelwellensensor, (gilt auch für Einspritzer)
Der Kurbelwellensensor sitzt bei der Sportster unterhalb des Ölfilters auf der linken Motorgehäusefront. Der CPS wurde bei den neueren Modellen eingeführt, und es befindet sich bei diesen Modellen keine Zündungselektronik mehr unter dem klassischen Zündungsdeckel innerhalb des Nockenwellendeckels auf der rechten Seite. Der CPS arbeitet dem Zündmodul zu und sagt ihm was es bei welcher Drehzahl und welcher Kurbelwellenstellung zu tun hat. Man kann den CPS auch mit dem Voltmeter ausmessen.
Ist der Kurbelwellensensor defekt, kommt ein schlagartiges Patschen zustande, welches in der Regel nur bei richtig warmem Motor auftritt. Es kann auch sein, dass kein Patschen erfolgt und die Maschine ungern hochdreht und fast keine Leistung mehr hat. Beides zusammen ist auch möglich, und es ist auch möglich dass nur das Eine oder das Andere auftritt.
Ist die Maschine abgekühlt, oder man fährt bei kühler Witterung, kann es sein dass die Symptome wieder weg sind. Natürlich kann der CPS auch ohne diese Auffälligkeiten defekt sein, aber die typischen Symptome sind die von mir beschriebenen. Ein Defekt des CPS zeigt sich zu 90% als Fehlermeldung im Tacho (ab Bj. 2004)
Abhilfe: CPS tauschen
Allgemeines:
Gerissene Vergasermembranen und verstopfte Bypässe in der Schwimmerkammer, oder Düsenkanäle/Düsen äußern sich als Leistungsverlust mit der Zeit. Maschinen, die über die viele Jahre gestanden sind, können so nur eingeschränkt diagnostiziert werden. Ein Ultraschallbad und eine komplette Zerlegung/Reinigung des Vergasers ist geboten. Die Überprüfung des Schwimmerstandes ist in allen Fällen auch immer geboten
Geht die Laufleistung über 50.000 km hinaus, ist es möglich, dass ein “Patschen“ auch durch einen ausgenudelten Vergaser (Spiel in der Drosselklappenwelle) hervorgerufen werden kann. (Falschluft)
Ich werde den Beitrag von Zeit zu Zeit bearbeiten, um ihn auf dem neuesten Stand zu halten.
Disclaimer: Veränderungen an der Gemischaufbereitung können zum Erlöschen der BE führen. Die Durchführung von Arbeiten am Vergaser- und Abgassystem darf nur von geschultem, erfahrenen Personal ausgeführt werden. Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist keine Handlungsanweisung. Sollte dennoch jemand Arbeiten im beschriebenen Sinne durchführen, geschieht dies auf eigene Gefahr und Verantwortung.
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noch ohne CAN-BUS und ABS...
http://forum.milwaukee-vtwin.de/thread31788-alle-xl-883-keihin-cv-vergaserkunde.htm
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von DéDé am 04.05.2013 10:24.