Blech gehabt [FAZ vom 29.03.2011]
Es gibt Länder, in denen das Motorradkennzeichen ein Schmuckstück ist. Ein zierliches Kalifornien-Blech am Heck zum Beispiel macht sich unheimlich gut, nicht allein an einer Harley. In vielen Staaten lässt sich über das Nummernschild am Heck sagen, dass es dank angemessen geringer Ausmaße nicht weiter stört. Und dann gibt es das Land der Fahrzeugverschandelung amtlicherseits mittels Kuchenblechs. Weithin ist dem Besitzer sein Motorrad nicht bloß Fortbewegungsmittel, sondern Liebhaberstück, so dass überall versucht wird, ihm durch Verfeinerungen eine individuelle Note zu verleihen. Leider ist im internationalen Vergleich der Deutsche mit seinem Kuchenblech von vornherein der Depp. War (!) der Depp, kann man glücklicherweise sehr bald sagen. Denn der Bundesrat hat auf Initiative von Verkehrsminister Ramsauer einer Änderung der Zulassungsverordnung zugestimmt. Der Minister: „Wir führen kleinere Kennzeichen ein, die das Fahrzeug nicht verunstalten.“ Die dürfen bei weiterhin 20 Zentimeter Höhe auf 18 Zentimeter Breite schrumpfen, die Schrift wird verkleinert. Die Regelung tritt voraussichtlich schon Anfang April in Kraft. Selbstverständlich werden auch die neuen Schilder für Ordnungshüter und Radargeräte gut erkennbar sein, sind nicht eben winzig, dennoch: Der Fortschritt ist immens. Allerdings ist zu befürchten, dass der Minister die Tragweite seiner Entscheidung nicht bedacht hat. Er wird sich kaum noch in der Öffentlichkeit bewegen können, ohne dass ihm ein Biker um den Hals fällt. Hat er das wirklich gewollt? lle.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29.03.2011
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