...Ich stoppte hinter der Spitzkehre und stellte die Gelbe am rechten Rand der Fahrbahn ab.
Beide Blinker gleichzeitig betätigen - aktiviert die Warnblinkanlage. Tapfer reckte die Gelbe ihren Schnabel in Richtung des Gegenverkehrs und blinkte dabei eifrig mit allen vier Blinkleuchten. Meinen Helm legte ich auf dem Boden ab und eilte dann zurück zum Ort des Geschehens.
Joachim hatte sich bereits auf die Leitplanke gerettet und schien sein Werk ehrfürchtig zu betrachten.
Rainer und die zweite Ducati hatten es auch noch irgendwie geschafft zum Stehen zu kommen. Ich forderte Rainer auf, sofort zu wenden und hinter der Kuppe die Straße abzusichern.
Hätte ja sein können, dass irgendwelche wild gewordenen Motorräder unterwegs waren. Wer jetzt zu schnell über die Kuppe kam, hatte nämlich keinen Platz mehr, um auszuweichen.
Eifrig blinkend und hupend rollte Rainer los. Für Spezialaufträge war er immer schon empfänglich.
Joachim hockte immer noch auf der Leitplanke, hatte aber inzwischen den Helm abgenommen. Rolf und die Fazer rollten heran und parkten hinter der immer noch eifrig blinkenden Gelben. Hektisch begannen sie damit, die teuren roten Anbauteile von der Fahrbahn zu klauben und am Straßenrand aufzuschichten.
Die waidwunde Ducati konnte nun auch ihre flüssigen Bestandteile nicht mehr bei sich behalten, und sonderte irgendwelche Substanzen auf die Fahrbahn ab.
Gemeinsam mit Uwe, dem zweiten Ducatifahrer, versuchte ich die nun ultimativ demolierte Fahrmaschine aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Dies erwies sich allerdings als schwieriges Unterfangen, weil die verdrehte Gabel mit dem nun krummen Vorderrad jegliche Rollversuche vereitelte.
Mit vereinten Kräften zerrten und schleppten wir dann den Trümmerhaufen an den Straßenrand.
Joachim beobachtete unsere Bemühungen von seiner Leitplanke aus. Mit einem stoischen, ja fast debilen Gesichtsausdruck.
Nun endlich traf auch Wolfgang ein und übernahm sofort ruhig und gelassen die Leitung der Operation.
„ Wenn dös a Pferd woar… tät ichs ohschießen, wirklich schoad drum“, erklärte er dem teilnahmslos in die Landschaft starrenden Joachim.
Diese finale Diagnose schien den Besitzer der wirklich übel ramponierten italienischen Schönheit wachgerüttelt zu haben.
Er erhob sich stöhnend von seiner Leitplanke und hinkte mühsam zu den Überresten seiner Maschine.
Voller Anteilnahme versammelte sich die ganze Gruppe um den trauernden Perfektionisten und seine geschundene Italienerin.
Die gesamte Szenerie erinnerte irgendwie an eine Friedhofsequenz aus einem Mafiafilm. Keine wirkliche Trauer sondern nachdenkliche Verarbeitung eines unvermeidlichen Geschehens.
Jeder wusste, dass es so kommen musste, das gehörte einfach dazu. Insgeheim war wohl auch jeder froh, dass es einen anderen erwischt hatte. Diesmal jedenfalls …
Wolfgang beendete das Trauerspiel und telefonierte mit seinem Handy herum.
Einmal mit der Straßenwacht, wegen der Ölflecken und dann noch mit dem Hotel, wegen des Transporters.
Alles Routine, selbst für einen Aushilfsguide wie Wolfgang.
Joachim hatte sich ordentlich die Hüfte geprellt. Seine perfekte Schutzkleidung hatte zwar gelitten, aber ihre Pflicht erfüllt. Kopf, Knie und Hände waren intakt. Wobei man aber gerade beim Kopf lediglich eine Außeninspektion vornehmen konnte.
Wie es drinnen aussah … aber vielleicht war das auch besser so.
Wolfgang platzierte ein Warndreieck unmittelbar vor dem Ölfleck und gemeinsam schafften wir sämtliche Überreste der Ducati an einen halbwegs sicheren Platz neben der Straße.
Jetzt hieß es warten.
Der Guide ist verantwortlich für den Abtransport und die Versorgung von Mensch und Maschine. Das war schon immer so … im Bikerhotel.
Die Gruppe darf sich dann überlegen, was sie inzwischen macht.
Wir überlegten also.
Auf der Passhöhe gab es nicht nur eine tolle Aussicht, sondern auch ein stilechtes rustikales Restaurant. Bis auf Uwe und Wolfgang, die als Wächter zurückblieben, begaben wir uns alle an diesen schönen Ort.
Den angeschlagenen Joachim packten wir hinten auf die R1.
Zum Einen, weil sich Rainer eifrig anbot, und zum Anderen, weil man mit einer geprellten Hüfte besser auf eine niedrigere Sitzbank kommt.
Fand ich jedenfalls.
Rainer hat die kurze Fahrt sicherlich sehr genossen. Der ohnehin geschlagene Joachim war gezwungen seinen Retter zu umarmen, denn dieser schien der Meinung zu sein, seinem Beifahrer unbedingt die Beschleunigsfähigkeiten seiner R1 demonstrieren zu müssen.
Wer den Schaden hat …
Weitere Demütigungen blieben dem armen Joachim aber vorerst erspart. Die Nächste würde ihn dann im Hotel erwarten, wenn er den Trümmerhaufen auf seinen Transporter umladen musste.
Rolf und Rainer bemühten sich nach Leibeskräften, den schweigsamen Joachim ein wenig aufzuheitern.
Ich hingegen bemühte mich nach Leibeskräften die zierliche, blasse und rothaarige Fazerfahrerin aus der Reserve zu locken.
Es gibt genau zwei Typen von Frauen, bei denen ich schwach werde. Die eine Sorte hat ausgesprochen weibliche Formen und lange dunkle Haare.
Die andere Sorte ist zierlich, blass und rothaarig. Mehr der keltische Typ.
Eine große Salma Hayek oder eine kleine Nicole Kidman.
Von mir aus, auch umgekehrt. Das wäre mir dann auch noch egal.
Wenn irgendwann mal eine Fee kommt und ich hätte drei Wünsche frei.
Zwei davon sind schon fest verplant.
Bis dahin allerdings musste ich es auf die konventionelle Art versuchen.
Sandra kam aus den neuen Bundesländern. Sie sächselte allerdings nur ganz leicht, was aber keinesfalls störend wirkte.
Was ihren speziellen Reiz noch weiterhin erhöhte, war die Tatsache, dass sie Brillenträgerin war.
Frauen mit Brille … meine Güte!
Kann sein, dass wir irgendwie alle früher mal scharf auf unsere Lehrerinnen waren. Zumindest die Jungs. Diese ersten Objekte unserer präpubertären Begierden trugen oftmals Brillen. Aber ich kann mich trotz intensivster Grübelei nicht an eine wirklich reizvolle Lehrerin erinnern. Ganz im Gegenteil.
Aber irgendwo muss es ja herkommen.
Rolf beobachtete meine Bemühungen, aber verhielt sich zunächst zurückhaltend. Das war dann auch hilfreich, denn seine eher rustikale Technik im Bezug auf die Kontaktaufnahme mit dem anderen Geschlecht hätte hier eher kontraproduktiv gewirkt.
Sandra war allem Anschein nach eine von der emanzipierten und intellektuellen Sorte.
Damit komme ich im Allgemeinen wesentlich besser zurecht als mit der Friseurinnenfraktion. Auch wenn letztlich das Primärziel identisch ist, ist aber der Weg dorthin schon ein Teil des Lustgewinns.
Das uralte Jäger-und Sammlerding. Ohne Fleiß kein Preis. Je schwieriger die Beute zu erlegen ist, umso befriedigender ist der Moment, indem sie dann endlich vor dem erfolgreichen Jäger liegt.
Das sind die Gene, da kann man nichts machen.
Derart von den biologischen Urkräften getrieben, begann ich meine potenzielle Beute einzukreisen.