Hallo,
ich habe jetzt nicht jeden der Topics gelesen und auch nicht, wie Ihr im Detail Eure Reise plant. Das muss auch jeder selber für sich entscheiden. Die Vorlieben sind da entsprechend ausschlaggebend.
Ich habe mir gedacht, ich werde auch mal hier meinen Senf dazugeben.
Bei mir ist es schon etwas länger her, dass ich am Nordkapp war.
Ich habe damals die Route geplant und wir waren mit 6 Personen (4 Jungs, 2 Mädels) und 6 Motorrädern unterwegs (inkl. 1 x Güllepumpe mit Beiwagen). Zum damaligen Zeitpunkt war keiner mit Harley unterwegs aber zumindest 1 Chopper, ansonsten normale Straßen- und Tourenmaschinen.
Unsere Route:
- Ruhrgebiet -> Kiel, von dort aus mit der Fähre nach Oslo.
- Von Oslo dann erst einmal in den Süden Norwegens zum Südkapp.
- Dann kam Fjordnorwegen inkl. Stavanger, Haugesund, Preikestolen usw. einfach nur GENIAL.
Allein hier kann man sich schon wochenlang aufhalten.
- Von dort aus ging es in verschiedenen Etappen über
- Bergen
- Kristiansund
- Trondheim
- Polarkreis (24°C und 2m hoher Schnee) - Wir haben am Polarkreis bei 24°C eine Schneeballschlacht gemacht -
- Mo i Rana
- Bodo, von dort aus auf die Lofoten
- Die gesamten Lofoten hoch über die Vesteralen bis nach Adenes
In Andenes waren wir dann mit einem Wal-Forschungsschiff im Nordmeer und haben uns Wale aus nächster Nähe angesehen (man sollte Seefest sein, sonst sieht man/frau wenig und hängt nur über der Schüssel)
- Von dort aus mit der Fähre zum Festland und dann Richtung Nordkapp
Dauer der Hinreise: 3 Wochen (ca. 5.000 km)
- Den Rückweg haben wir dann in knapp 1 Woche über Finnland (Lappland)
- Einmal längs durch Schweden
- Kopenhagen
- Fehmarn
- Ruhrgebiet
Gesamtstrecke: 8500 km
Generell würde ich die Tour immer wieder in dieser Richtung (Norwegen von Süden nach Norden) fahren, auf keinen Fall anders herum. Aber wie gesagt, muss jeder selber wissen!
Aus meiner Sicht ist Norwegen einfach nur traumhaft. Schweden und Finnland sind auch schön aber es ist kein Vergleich zu Norwegen!
An Schweden und Finnland hat mich vor allem in der Zeit die gigantische Mückenplage gestört. Ich war in meinem Leben nie so zerstochen wie dort. Häufig war es tagsüber nicht möglich bei Pausen überhaupt den Helm abzusetzen oder das Visier hochzuklappen! Auch teilweise recht gefährlich da man nach dem Säubern spätestens nach 10min. kaum mehr was gesehen hat, so dick war die Schweinerei auf dem Visier.
Zu den Streckenabschnitten:
Ich hatte am Anfang lediglich Etappen in Südnorwegen zwischen 150 und 200km pro Tag geplant. Grund waren viele Fähren im Süden, die wir genommen haben und wenn man etwas sehen will, dann kann das auch schon mal 3-4 Std. in Anspruch nehmen. Trotz der geringen Fahrleistung pro Tag sind wir morgens früh aufgebrochen und jeden Tag mindestens 10 Std. unterwegs gewesen. Gerade in Süd-Norwegen kann man die Strecken schnell unterschätzen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt teilweise zwischen 15 und 25 km/h über alles gerechnet.
Am Ende bzw. auf dem Rückweg haben wir die Strecke Nordkapp - Ruhrgebiet (3.500km) in 6 Tagen gemacht. Das war ein Marathon vor allem wegen des Wetters. Auf der Strecke bis zum Nordkapp hatten wir traumhaftes Wetter, erst 500 km vor dem Nordkapp wurde es (Mitte Juni) recht kalt bis ca. 2°C. Problem ist eher jedoch der Wind, der über die Ebenen pfeift.
Auf dem Rückweg durch Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland hat es dann wirklich 3.500 km (6 Tage lang) geschüttet, häufig wirklich wie aus Eimern. Es gab nur selten Lichtblicke ohne Regen und dann hatten wir wie oben schon gesagt ein Riesenproblem mit Mücken. Auf dem Rückweg haben wir uns derart tierische Güsse abgeholt, dass niemand trocken geblieben ist, das Wasser ist regelrecht oben rein und unten wieder rausgelaufen. Habe ich bisher nie wieder in diesem Maße erlebt. Aber da wir nach Hause mussten hieß das, Abends aus den nassen Sachen raus (ohne Hilfe keine Chance) und morgens in die noch nassen Sachen wieder rein (wieder ohne Hilfe keine Chance). Augen zu und durch!
Unterkünfte:
Wir haben immer Hütten gemietet. Hatten zwar Zelte dabei, die sind aber nicht genutzt worden.
Hütten kann man überall mieten vor allem bei Privatleuten und die Kosten waren mit 6 Personen wirklích überschaubar. Wir hatten sogar über mehrere Tage 4 weitere Personen, die sich angeschlossen hatten und selbst zu 10 war es kein Problem Hütten zu bekommen. Dann haben wir 2 oder 3 gemietet (direkt zusammen gelegen). Klasse war, wenn die Hütte sogar einen Pool hatte (selten aber möglich). Man musste die Hütten halt nur morgens wieder reinigen aber auch das war mit 6 Personen kein Problem.
In Schweden bei den Regengüssen haben wir dann - trotz Sommer - Hütten mit Kamin gesucht. War zwar Saunamäßig heiß nachts aber zumindest wurden die Klamotten etwas trockener durch die Hitze.
Vorfälle:
Auf der Rückfahrt ist einer von uns aufgrund der Anstrengung (Tagesetappen von 500 - 700 km) und langen Touren mehrere Male während der Fahrt eingeschlafen, war wirklich einzigartig. Das hat innerhalb der Gruppe zu einigen recht gefährlichen Situationen geführt, vor allem da ja jeder selber gefahren ist.
Wir hatten dennoch Glück, da derjenige mehrmals durch die Schlenker, die er mit dem Motorrad gemacht hat, wieder aufgewacht ist.
Das dabei nichts passiert ist, kann bis heute immer noch niemand begreifen, der es nicht selbst gesehen hat.
Sonstige Unfälle/Pannen:
- Ein Unfall direkt am 1. Tag mit wirtschaftlichem Totalschaden. Wir haben das Mopäd dann auf die Fähre verfrachtet und in Oslo notdürftig repariert.
Material: ein geliehenes Schweißgerät bei einem Motorrad-Schrauber, Kabelbindern und ein langes dünnes Seil mit dem wir den ganzen Vorderbau (Verkleidung, Halterung, Lampe usw.) fixiert haben. Kein Witz, das hat die kompletten 8.500 km gehalten.
- Ein in den Hinterreifen reingefahrener Nagel. Wurde mit Atomkleber abgedichtet und hat tatsächlich 4000 km gehalten. Danach war der Reifen sowieso runter und wurde erneutert.
- Ansonsten noch ein abgebrochener Schalthebel. Der wurde auch notdürftig geflickt und hat danach noch 2 Jahre gehalten.
Das Thema Pannen und Benzin ist nicht zu unterschätzen. Häufig gibt es im Norden 50 - 60 km außer vereinzelten Häusern rein gar nichts. Bei einer Panne ist man da schnell auf sich gestellt. Wir hatten mehrere Situationen bei denen wir anderen, die alleine unterwegs waren, geholfen haben, da sie ansonsten in der Wildnis gestrandet wären.
... und ich werde nie vergessen: wir haben im Norden (Norwegen, Lappland Schweden) mehr 2.000 km keine Ampel gesehen. Bei der 1. Ampel in Schweden haben wir angehalten und eine Gedenkminute eingelegt. Kein Witz!
Generell:
Ich habe einige Motorrad-Reisen gemacht, aber die Nordkapp-Tour war die mit Abstand schönste Tour. Auch wenn wir uns auf der Rückfahrt wirklich einen nassen A... geholt haben. Norwegen ist einfach nur traumhaft! Wenn Ende Mai Anfang Juni die Schneeschmelze einsetzt und im Süden hunderte von Wasserfällen neben der Straße runterkommen, das ist schon ein Schauspiel. Die Fjorde sind gigantisch und man muss sich wirklich zwingen und sich von den wahnsinnigen Aussichten lösen und irgendwann dann doch weiterfahren. An der nächsten Kurven will man dann sowieso schon wieder halten.
Eigentlich wollten wir im letzten Jahr wieder nach Norwegen und nur Fjord-Norwegen mit der Harley machen, aber Corona ist uns dazwischen gekommen.
Ist aber auf jeden Fall in der Nach-Corona Zeit gesetzt - GARANTIERT!!
Ich beneide Euch! Könnte sofort wieder losfahren!
Ciao
Der DJ