Samstag, 13. Juni
Bad Eisenkappel - Luschasattel - Globasnitz - Lavamünd - Soboth - Eibiswald - Leutschach - Sulztal - Spielfeld - Bad Radkersburg - St. Anna am Aigen - Bad Gleichenberg - Ragnitz - Kaindorf - Schwanberg - Gressenberg - Weinebene - Wolfsberg - Völkermarkt - Sittersdorf - Bad Eisenkappel. 389km.
Samstag! Heute ist der große Tag, Weinstraßentour in der Steiermark! Schnell Frühstücken im Nebengebäude und dann auf in den Osten. Statt der Bundesstraße aus dem Tal hatte ich eine kleine weiße Straße über einen ebenso kleinen Paß namens Luschasattel ausgemacht, die wollten wir probieren. Am Ortsende links das Tal hoch, immer aufwärts über steile und enge Kehren und dann... hörte auf der Paßhöhe der Asphalt auf. Road King in den Schatten gestellt, Handy raus, GPS an, sind wir richtig? Ja, wir sind richtig. Ein Mountainbiker kam von er anderen Seite hoch, wir fragten ihn nach dem weiteren Weg. Es kam das Übliche, was man von Einheimischen zu hören bekommt: Ja, da ist Schotter, aber kein Problem, da fahren wir regelmäßig mit den Motorrädern hoch. Nur zu!
Ganz so einfach war es dann doch nicht. 18 Prozent Gefälle auf einem zerfurchten Waldweg, sehr enge Kehren und dabei den Mountainbikern ausweichen, die von der anderen Seite hochkamen. Dabei war der Schotterteil noch besser als die Asphaltreste in einigen Kehren, die fast nur noch aus Schlaglochkratern bestanden. Echt mal was Anderes, aber sehr lehrreich dabei. Auf der ganzen Strecke hat die Road King nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Blickführung, Hinterradbremse, Drücken und sie fuhr wie eine Eins. Wenn es ein Problem gegeben hätte, dann wäre das auf dem Fahrersitz gesessen, die Harley per se hatte die Lage im Griff. Leider gibt es vom interessantesten Abschnitt keine Fotos, die waren bei dem Geholper im dunklen Wald alle verwackelt.
Im Anschluß an diese Episode waren der Transfer nach Lavamünd und die anschließende Soboth fast schon langweilig. Motorradrennstecke halt. In der Steiermark angekommen ließen wir das Route 69 links liegen und folgten der B69 nach Leutschach, eine idyllische, geschwungene Straße mit viel Hopfen rechts und links. Ab Leutschach folgte dann das nächste Highlight und der eigentliche Auslöser der ganzen Tour.
Die südsteirische Weinstraße zieht sich ab Leutschach zwischen der B69 und der slowenischen Grenze ostwärts bis zum Murtal. Die Bezeichnung "steirische Toskana" ist durchaus angemessen (nur nicht so ausgedörrt und viel kompakter). Kollege
@bios4 hatte uns eine Route und diverse Weingüter empfohlen und so machten wir uns zwischen all den Cabrios, Motorrädern und E-Bikern auf den Weg. Die Strecke war so schön, das war fast schon kitschig. Bergauf, bergab, Weinberge überall und jede Menge Buschenschenken entlang des Wegs, leider zumeist noch geschlossen oder furchtbar überfüllt. Wieso machen diese ganzen Läden in dieser Lage an so einem Tag bei so einem Trubel erst zwischen drei und fünf Uhr nachmittags auf? Besonders interessant war ein kurzer Straßenabschnitt, der auch gleichzeitig die Grenze zu Slowenien bildete. Beginnt Slowenien da jetzt schon am rechten Randstein oder erst auf der Grasnarbe dahinter?
Ohne Stärkung zogen wir weiter ins Murtal (gut, ich hatte die übliche Flasche Cola mit) und über komplett flaches Land nach Bad Radkersburg. Dort bogen wir nordwärts ab, der nächste Abschnitt nennt sich die Klöcher Weinstraße, Also wieder kurviges Hügelland mit Weinbergen und mehr Idyll. In St. Anna am Aigen statten wir unserem Stammwinzer einen Besuch ab, bei dem wir schon seit fast 20 Jahren Kunde sind, den wir aber bisher nur von seinen Weinkartons kannten. Obendrein haben wir Glück, es gibt (gerade) noch einen schattigen Parkplatz für die Road King und einen schattigen Tisch für uns. Wein und Salat mit Rind für die Angstbremserin, ein lokales Käsebrettl und Saft für mich und etwas Abkühlung für uns beide. Alles ziemlich hip, aber auch sehr lecker. Vor dem Aufbruch geht es noch eine Etage tiefer in den Weinverkauf für ein paar Flaschen Zweigelt, Travertin und Kürbiskernöl. Und wir finden heraus, daß der Koffer der Road King einen Weinkarton aufnehmen kann. Mit St. Anna haben wir den Umkehrpunkt unserer Tagesroute erreicht und schlängeln und von dort ab grob westwärts durch das Hügelland, befahren dabei noch die Sausaler Weinstraße, bevor wir ab Schwanberg über eine kleine Nebenstraße den Anstieg zur Weinebene beginnen. Eine kleine, fast einspurige Straße, auf der merkwürdigerweise von jetzt auf gleich jede Menge Verkehr herrscht, richtig viel Verkehr. Mühsam. Oben an der Einmündung merken wir auch, wieso, die L619 runter nach Deutschlandsberg ist von der Feuerwehr gesperrt und alle Fahrzeuge (glücklicherweise bis auf den großen Reisebus) werden auf das Bamperlessträßle geschickt. Die Weiterfahrt runter nach Wolfsberg ist wesentlich besser ausgebaut und dann sind wir wieder in Kärnten.
Auf der B70 verließen wir das Lavanttal wieder in Richtung Völkermarkt und diese Bundesstraße wurde ein weiteres Tageshighlight. Bundestraßen dieses Kalibers habe ich noch nicht viele gesehen. Gut ausgebaut, guter Belag, flüssig zu fahren, aber enorm kurvig durch abwechslungsreiche Landschaft. In der milden Sonne des Spätnachmittags. Klasse! Nach Völkermarkt wechselten wir für den restlichen Heimweg auf die B82, auf der wir entspannt auf die Karawanken zucruisen konnten, ein richtiger Cool-Down zum Ende des Tages. In Eisenkappel wieder rein in die Garage, Wein ausgeladen, kurzer Schwatz mit dem Wirt, ab unter die Dusche und dann auf zu Schnitzel und Murauer Bier. Der einzige Wermutstropfen bei diesem Freiluft-Dolce-Vita war die Nachricht, daß wir uns aktuell auf der sonnigen Insel der Glückseligen befanden und das Wetter weiter im Norden schon gar nicht mehr so gut war. Aber die Heimfahrt nach München war noch weit genug weg, um das für den Abend zu ignorieren. Prost!