Auszüge / Bericht / Stern:
Stürzt der
HSV in die zweite Liga, dann geht der Laden mutmaßlich in die Insolvenz.
Denn die Profiabteilung des HSV ist eine Aktiengesellschaft, die aus dem eigentlichen Verein HSV (e. V.) ausgegliedert wurde und nach den Regeln des Aktienrechts berichtspflichtig ist.
Besitzer der Aktien sind
• der Mutterklub HSV e. V. mit 76,19 Prozent,
• der Milliardär Klaus-Michel Kühne mit 20,57 Prozent
• und drei dem Klub verbunden Familien mit zusammen 3,24 Prozent.
Besagte AG wäre bei einem Abstieg pleite. Wäre? Genau betrachtet ist sie das schon seit längerem. Mindestens seit 2013. Denn Geld verdient sie schon lange nicht mehr. Seit Beginn der Saison 2012/13 bis heute wurde laut Bilanzen kein Gewinn mehr ausgewiesen, sondern vielmehr ein Verlust von zusammen 48,7 Millionen Euro erwirtschaftet.Und obendrein lasten auf dem maroden Laden mehr als 105 Millionen Euro Schulden.
Dennoch wurden nur selten, wie es sich eigentlich für eine ordentliche Aktiengesellschaft gehören würde, die Vorstandsvorsitzenden oder die Finanzchefs zur Verantwortung gezogen, sondern stattdessen ging es fast immer den Sportdirektoren und vor allem den Cheftrainern an den Kragen.
Insbesondere Letztere wurden so rasch wie verschwitzte Trikots gewechselt. In den letzten 17 Jahren engagierte der Klub als "Retter" sage und schreibe 15 Cheftrainer – und feuerte sie rasch wieder. Ihre jeweils durchschnittliche Sitzfestigkeit auf dem Schleuderstuhl: 1,13 Jahre.
Nirgendwo sonst in der Liga ist er wackeliger.
Versüßt wurde den vom Hof gejagten Trainern der Abschied mit üppigen Abfindungen, weswegen in der Branche die Einschätzung gilt, dass die HSV Fußball AG nicht nur die am schlechtesten gemanagte Profitruppe der Bundesliga ist, sondern auch der inoffizielle Abfindungs- oder Auszahlungsmeister.
Ein paar Beispiele, was die Trainer betrifft:
•Markus Gisdol bekam nach Einschätzung von Brancheninsidern eine Jahresgage von 1,7 Millionen Euro. Sein Vertrag läuft noch bis Sommer 2019, was bedeutet, dass die AG ihm weitere 2,4 Millionen Euro zahlen muss.
•
Sein Vorgänger Bruno Labbadia wurde nach nur neun Monaten im Amt gefeuert, soll aber bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit ein Restgehalt von 1,3 Millionen Euro kassiert haben. Hinzu kam angeblich eine festgeschriebene Abfindung bei vorzeitiger Entlassung in Höhe von 1,2 Millionen Euro.
•
Der Holländer Bert van Marwijk ging 2014 mit geschätzten zwei Millionen Euro zurück in sein Heimatland.
•
Mirko Slomka, der van Marwijk beerbte und die vermeintliche Ballartisten des HSV zu trainierten versuchte, soll mit 1,8 Millionen Euro als Golden Handshake verabschiedet worden sein.
•
Dagegen nehmen sich die kolportierten 800 000 Euro für Thorsten Fink (2011–2013) und die je 500 000 Euro für Michael Oenning (2011) und Armin Veh (2010–2011) geradezu als Billigscheidungen aus.
Was bei der seit Jahren immer wieder aufs Neue vergeigten Kassenlage oft vergessen wird, ist, dass von 2013 bis heute obendrein noch 120 Millionen Euro für oftmals verfehlte Spielertransfers raus gepulvert worden sind. Oft für solche Kicker, die ihr Geld nicht wert sind oder waren und schnell im Ruf standen, bestenfalls als talentierte Rumpelfußballer zu gelten, mit denen kein Blumenpott zu gewinnen ist, die aber mit Geld zugeschüttet werden. Wie etwa der HSV-Profi Lewis Holtby, der laut der Enthüllungs-Organisation "Football Leaks" ein Grundgehalt von 291 666 Euro beziehen soll – pro Monat! Wird ein Spiel gewonnen, was beim HSV selten vorkommt, fließen für jeden Sieg weitere 45 000 Euro auf das Konto des Mittelfeldspielers. Und jeder hinzukommende Punkt bringe ihm noch einmal 15 000 Euro. Das machte laut Football Leaks im letzten Jahr unterm Strich üppige 4,1 Millionen Euro aus. Das Problem: Holtby spielt inzwischen nur noch selten. Wie jetzt beim 20. Saisonkick auch wieder nicht. Mal, weil er verletzt ist. Mal, weil er zumindest unter Ex-Trainer Gisdol als "außer Form" galt oder "nicht ins Spielsystem" passte. Aber bezahlt werden muss er trotzdem.Gute Gehälter auch ohne Erfolge
Nach Holtby als teuersten HSV-Spieler rangieren in der von der Internetseite
fußballgeld.de verbreiteten Rangliste Kyriakos Papadopoulos, Filip Kostic und Bobby Wood mit je drei Millionen Jahressalär (ohne Prämien) auf Platz zwei, drei und vier.
Es folgen Nicolai Müller und Aaron Hunt mit je 2,5 Millionen Euro sowie der Brasilianer Walace mit zwei Millionen Euro.
Die meisten aus dem etwa 31 Mann umfassenden Lizenzspieler-Kader verdienen mehr als eine Million im Jahr – gleich, ob sie gewinnen oder verlieren. Alleine die Gehaltskosten plus Prämien für die Profis summieren sich so auf deutlich über 50 Millionen Euro im Jahr – bei nur 129 Millionen Umsatz. Nicht gerechnet die Millionen an Ablösesummen, die einst für den Wechsel der Spieler zum HSV zu bezahlen waren oder immer noch abgestottert werden müssen.
So musste der HSV 2015 allein für Holtby laut der Webseite
transfermarkt.de neun Millionen Euro Ablöse an den englischen Verein Tottenham Hotspurs überweisen.
Unaufhörliche GeldverbrennereiAngesichts dieses wirtschaftlichen und sportlichen Desasters, der andauernden Verluste, der ständigen Trainerwechsel, der unaufhörlichen Geldverbrennerei und des drohenden Abstiegs in die Bedeutungslosigkeit fragen sich inzwischen auch die gusseisernen Fans, wofür die vierköpfige Manager-Riege laut Bilanz im Geschäftsjahr 2016/2017 eigentlich zusammen 3,95 Millionen Euro an Gehalt bezogen hat.
Obendrein ist es mit Blick auf das katastrophale Zahlenwerk höchst fraglich, ob die wirtschaftliche Perspektive, die die Herren Klubmanager für die kommende Bundesligasaison 2018/19 demnächst den Bossen der Deutschen Fußball-Liga vorlegen müssen, seriös genug ist, um wieder eine Lizenz für die 1. Liga zu bekommen. Wenn nicht, dann hat das bei Heimspielen im Volksparkstadion zu den Klängen der HSV-Hymne "Hamburg, Deine Perle" swingende Dino-Maskottchen als Symbol für die Unabsteigbarkeit ausgetanzt.