Anmerkung
Diese Geschichte stammt zum größten Teil nicht aus meiner Feder. Die Story ist von J. J. Solari, erschienen 1986 im US-Mag Easyriders. Ich bin nur der Übersetzer, versuche aber auch wo es geht von mir etwas einfliessen zu lassen. Und mein Englisch rostet bei der Übung auch nicht vollends ein.
Die Vorgeschichte hatten wir ja schon und deshalb beginnt jetzt: 'Die Geschichte über den Osterhasen.'
(eigentlich müsste es ja heissen: 'Die echt widerliche Geschichte von den Ostereiern und hoffentlich kotzt ihr euch den Magen aus dem Leib liebe Leser.' Aber das klingt doch wirklich zu blöde.)
Am Ostermorgen, kurz vor Sonnenaufgang, wenn am Horizont erst ein klitzekleiner blauer Schimmer dieses wundervollen Tages zu erahnen ist, können neugierige Kinder-Äuglein, hinter zugezogenen Gardinen hervorspähend, den Osterhasen erblicken. Denn dann geht es hoppeldihopp auf hurtigen Pfoten durch die Vorgärten der Nachbarschaft bis er auch bei uns Station macht und hinter Bäumen, unter Büschen und auf dem Rasen Schoko-, Krokant- und Nougat-Eier versteckt. Lang hat der Osterhase Eier gesammelt, hart für die Kinder gearbeitet, aber das Verteilen ist jetzt die größte Freude für ihn. Ja, wirklich, so manche Arbeit trägt ihren Lohn schon in sich selbst.
Und ein, zwei Stunden später, wenn das Sonnenlicht die Welt geküsst und die letzten kühlen Nebel des ausklingenden Winters vertrieben hat, sieht man glückliche Kinder aus den Häusern in die Gärten stürmen. Fleissig suchen die lieben Kleinen nach den versteckten Süßigkeiten und hüpfen auf und ab vor Freude wenn sie glücklich etwas finden, halten ihre Schätze in die Höhe und rufen allen ihren Freunden zu was sie gerade entdeckt haben. Die Augen leuchten und rosig glühen die Wangen wenn die Kinderchen ihre süße Last ins Haus schleppen. Und dann im Haus werden die ersten Eier gegessen, und am Mittag welche, und am Nachmittag, und noch viele Tage mehr reicht der Vorrat. Und die hübschen, bunten Eier schmecken ja soooo gut.
Und der Osterhase hat viele Eier versteckt. Sehr viele. Jedoch es werden leider nicht alle gefunden.
Immer wieder einmal passiert es, dass ein faules Kind zu nachlässig seiner Sammelleidenschaft nachgeht.
Das soll eigentlich so nicht sein. Und das ist garnicht gut so, nein, nein.
Wie die übersehenen Eier so verlassen im Dreck liegen versinken sie langsam ungefähr bis zur Hälfte in der Erde. Die Sonne wärmt sie und aus Nougat oder Schokofüllung wird eine faulende, gärende, stinkende, von einer runzligen Schale eingehüllte Flüssigkeit. Ameisen oder anderes Kleingetier das des Wegs kommt und die Schale berührt werden geräuschlos in das Innere des Eies gesogen und es beginnt für das was da drinnen heranreift ein fruchtbare Zeit. Eine Zeit in der das Ei alles verschlingt was seine Oberfläche berührt.
Manchmal kommt eine kleine Kohlmeise oder ein Spatz und pickt neugierig nach der Schale. Worauf das Schnäbelchen sofort haftenbleibt und sehr, sehr langsam ins Innere gezogen wird. Und die kleinen Flügel schlagen hilflos bis sie ermatten und das Pochen des kleinen Herzens wird immer schwächer. Nach ein paar Stunden ist das Köpfchen schon nicht mehr zu sehen und was aussen hängt ist tot, vertrocknet mit der Zeit und wird von Ameisen geradezu überschwemmt, die nur ein Gerippe und einige Federn übriglassen. Aber das kümmert unser Ei nicht. Die baumelnden Knochen werden weiter ins Innere gezogen bis nach ein paar Wochen auch die vertrockneten Beine verschwunden sind. Und auf der Unterseite des Eies bilden sich zarte, wurzelähnliche Anhängsel die sich züngelnd tiefer bohren.
Und das Ei wartet, es ist hungrig aber es kennt keine Ungeduld, nur eine dumpfe Hoffnung geistert durch die sich langsam bildenden graurot geäderten, gottlosen Strukturen im Kokon. Die Hoffnung, dass ein Dutzend Vögel gleichzeitig nach ihm picken oder dass vielleicht gar ein Raubvogel, eine Katze oder ein kleiner, schnuppernder Hundewelpe neugieriger sind als ihnen gut tut. Gut Ding will Weile haben, das weiss unser unheiliges Ei und eine noch kleine grüne Blase im Inneren erzittert vor Entzücken beim Gedanken an die kommenden Genüsse. Und es wartet niemals erfolglos.
Im Lauf der Zeit wird das Ei ein ganzes Stück größer, im Inneren regt sich ein Wachstum von dem der Bio-Lehrer an der Hauptschule nichts ahnt und die Schalenstruktur wird dichter, fester und schliesslich so hart und zäh, dass die schützende, verbergende Hülle nahezu unzerstörbar ist. Die Pseudopoden auf der Unterseite verankern sich tiefer im fruchtbaren Boden und saugen nährende Mineralien wie auch humöse, halborganische Verbindungen aus dem allzu freigebigen Schoß von Mutter Erde.
Wird es nicht von einem wuchtigen Hieb mit dem Vorschlaghammer getroffen, gibt es nur eines was es schädigen kann. Und das ist Wasser. Nein, nicht ein durchschnittlicher Regen. Nein es muss schon sehr viel Wasser sein.
Bitte lauft nicht weg, es folgt Teil 3
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Harley is not dead - but it smells funny.