zum zitierten Beitrag
Zitat von Hörbi
Wenn ein Motorradhersteller zusätzlich bei der jungen Generation Erfolge erzielen will, dann muss er diese junge Generation in seine Entwicklung holen und ihnen frei Hand gewähren. So kann eine zusätzliche BU erfolgreich werden. Es nützt wenig, wenn sich 60jährige versuchen vorzustellen, was junge Menschen wollen. Das kann nichts werden.
Er hat ja bei der Krone angefangen, also hochpreisige Sondermodelle angepriesen. Da war vorhersehbar, dass nur geringe Stückzahlen abgesetzt werden können. Obwohl die Marge da vielleicht gut war, die Menge ist dann doch zu klein. Also für die Königsklasse war das vielleicht in Ordnung.
Jedoch für die Einstiegsklasse, da kam ja nichts was von den jungen Wilden für die jungen Wilden erdacht wurde.
Premium geht heute nur noch gut, wenn alle unsichtbaren Teile von einer Grosserienplattform stammen: So ist ein Bentley eigentlich ein verkleideter A 8 oder neuerdings Panamera. Selbst Kolben, Ventile und Nockenkurven vom Bugatti VR16-Motor sind vom Polo. Alle elektronischen Firlefänzchen bauen eh auf einer Grosserienplattform auf, ein Grund, warum alle Edelautomarken dieser Welt in den letzten 30 Jahren unter die Fittiche von Großkonzerne geschlüpft sind. Bei den mechanischen Schweizer Uhren von Rolex bis Jaeger le Coultre, und ja, auch der Omega-Klasse das gleiche betriebswirtschaftliche Konzept: allesamt basieren auf einer einzigen mechanischen Plattform hergestellt in einem Gemeinschaftsunternehmen, an die der eine ein Tourbillion anflanscht, bis hin zu den Ziffern auf den Ziffernblättern die ein anderer dieses illustren Kreises in Diamant ausführt. Wer ein wirklich eigenständiges Uhrwerk mit eigener Wickelfeder (das metallurgisch komplexeste Teil einer mechanischen Uhr) haben will, muss Uhren aus Glashütte nehmen, die als Einzige außer der Schweizer Einheitsplattform seit Kaisers Zeiten das Know-how für diese Metallurgie und Geometrie bewahrt haben. Das kostet entsprechend und das können sich dann auch nur Superreiche leisten. Nur ist die Investition in eine Produktionslinie für mechanische Uhren bei gleichen VK—Preisen von 20- 50T€ pro Stück um Größenordnungen geringer als für Kraftfahrzeuge, weswegen es Glashütte trotz unweigerlich geringerer Margen wegen seines im EK und Produktion kostspieligen technischen Sonderweges überhaupt noch gibt.
So geht Premium bei technischen Produkten, Herr Zeitz!
Aber von solchen technisch-betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen hat ein ehemaliger Schuhverkäufer natürlich keine Ahnung. Da reicht es, die Schuhproduktion nach Bangladesch outzusourcen und ab und zu Extramargen für Sonderserien mit geringfügige Veränderungen des für Turnschuhe ziemlich feststehenden Designs abzuschöpfen. Motorräder sind nun mal technisch etwas komplexer als Turnschuhe und bedeuten für viele Kunden eine Anschaffung, die sie sich nur für eine längere Nutzungsdauer und für die Hoffnung auf einen lukrativen Gebrauchtverkauf leisten können. Am ehesten geeignet für das Premium-Schuhkonzept ist die Breakout. Diese Klientel ist aber ausweislich des Umsatzanteils eng begrenzt. Schon bei den solventen Tourerkäufern gilt Nutzwert fürs Geld gleichrangig mit Optik, wobei selbst für diese pragmatische Klientel designtechnisch die offenliegende Ausgleichswasserflasche der aktuellen Tourer eigentlich ein NoGo ist, für einen Designunfall dieser Dimension könnte man dann vom Nuzwert her ja stattdessen auch eine BMW R1300RT nehmen. Die Wasserflasche ist nämlich alles andere als „Premium“, hier wollte Zeitz erkennbar kein Geld ausgeben, um die zu verstecken. Das das auch anders geht, zeigen seit Jahr und Tag die wassergekühlten Retro-Triumph Twins, bei denen man nirgendwo einen Ausgleichsbehälter sieht. Die sind wirklich Premium in Design und Finish, ohne erbärmliche Stellen.
Was machte Herr Zeitz? Er cancelte die Großserienplattform der Sporty, die durch ihren vielen unsichtbaren Gleichteile (Schrauben aller Art, Wellendichtringe, Wälzlager, ECM, Ölpumpen, Einspritzdüsen, Drosselklappensensoren, BCM, Sicherungen, Anlassmagnetschalter, TSSM, ABS samt Radsensoren, Hydrolifter in Rollentappets, usw., usw.) die Stückkosten für diese Teile massiv gedrückt hatte, und wunderte sich dann, dass ihm die EK-Preise für reine und zudem sinkende BigTwin-Umsätze davonlaufen. Und dann macht er noch die RH-Plattform auf, die viel zu schmal angelegt ist (wo ist der Scrambler? der Supersporler? die Paris-Dakar-Version? der Sporttourer?) und bis vielleicht auf ABS und ECM (beides aber nur Hardware!!! denn die Software ist völlig unterschiedlich) keinerlei Gleichteile aufweist.
Mit Amtsantritt von Zeitz stand HD am Abgrund:
Projekte wie Livewire hätte er sofort als Geldvernichtungsmaschine stoppen müssen. Stattdessen hat er Harleys Bankkredite entgegen dem erkennbaren Marken-Image bei der solventen Stammkundschaft für kundenerzieherische Elektroträume an der Marktforschung vorbei und DEI verbraten, anstatt die bei Shineray dann offensichtlich doch mögliche Anpassung der XL an EU5+ damit zu finanzieren. Und man stelle sich DEI beispielsweise so vor: HD schreibt Sättel aus, und das Unternehmen im Eigentum einer Schwarzen Lesbe bekommt trotz höherer EK-Preise bei schlechterer Qualität den Zuschlag. Wenn man bedenkt, dass auch Ingenieure und Designer in den letzten 5 Jahren nach DEI eingestellt wurden, wundert einen über die Resultate der letzten 5 Jahre eigentlich überhaupt nichts mehr. Überteuert, technisch fragwürdig und zunehmend hässlich (= eben gerade kein Premium-Design): Man denke nur an die Verunstaltung des klassischen Art-Deco‘ -Tanks als ein Markenkern mit Sicken, die Wasserflasche links an den teilwassergekühlten Tourern und generell die wegen explodierender Einkaufspreise spürbare Entfeinerung gegenüber den TC-Modelljahren.
Heute ist HD nach 5 Jahren Zeitz einen Schritt weiter:
Es ist zu befürchten, dass der neue CEO von den Aktionären den Auftrag bekommt, zu retten, was finanziell zu retten ist: d.h. angesichts der durch die Zollexperimente absehbar sinkenden Solvenz des Mittelstandes nicht gutes, wieder zu finanzierendes Entwicklungsgeld schlechtem (Lifewire, RH-Modellreihe etc.) hinterherzuwerfen, soll heißen: Durch Verkauf an zum Beispiel Shineray für jede Aktie einen üblichen Aufschlag gegenüber dem immer weitersinkenden Börsenkurs zu bekommen.
Für eine neue Modellreihe auf neuer Plattform wie die RH muss man finanziell so solide aufgestellt sein, dass man einen 10 Jahre langen Atem bis zur ersten Gewinnerzielung haben kann: typisches Beispiel ist die Sportster, die 1952 als K das Licht der Welt erblickte und erst nach fundamentalen technischen Verbesserungen und dem Art-Deco‘ - Peanut-Tank der DKW ab 1959 als XLCH-Variante allmählich in den 60ern der Selbstläufer zur Reduzierung der Einkaufspreise wurde, der sie bis zum November 22 geblieben ist. Einen solchen Selbstläufer mit stabilen 20% Umsatzanteil legt man nicht einfach still
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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)
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