Ist halt von Ducati 2-Ventil ab BJ90 über Shovel bis TC (soweit meine Erfahrungsspanne) halt immer dasselbe: Wenn ein Ventil kaputtgeht, dann das Auslassventil am hinteren Zylinderkopf. Habe bei einer Ausfahrt bei einer Shovel-E-Glide das Festgehen des hinteren Auslassventils erlebt

. Das liegt halt ganz im Windschatten beider Zylinderköpfe, weswegen Bill Harley dahin unter den 4 Kipphebelachsen hindurch einen großen Kühlkanal gelegt hat. Beim Panhead war der dann nach dem Vorbild der 2-Ventil-BMWs mit Zylinderkopfhaube statt Rockerbox wie bei Autos verschwunden, aber bei der BMW liegt auch kein Zylinderkopf hinter dem anderen, weswegen sie dann beim Shovel wegen der Erhöhung der spezifischen Leistung für die größere Lima (für den E-Start-Klapperatismus, insbesondere die größere Batterie) reuevoll zu diesem Prinzip zurückkehren mussten. Selbst Porsche hat die Kanäle beim Evo gelassen, aber etwas schmaler, und beim TC wurden sie übernommen. Da der TC während der Entwicklung in den 90ern infolge seiner gewaltigen Hubraum- und Leistungssteigerung erheblich höhere Öltemperaturen und - Verschäumung zeigte, wäre die logische Lösung die Installation eines Ölkühlers von der Dimension des M8 gewesen. Da waren aber die Marketing und Designabteilung vor.

Der Kühler würde ja das gesamte HD-Konzept als technisch minderwertig diskriminieren und außerdem würde so ein großer Ölkühler total die klassische HD-typische, so Kaufentscheidende Optik versauen. Also holte man sich vom MIT einen Spezialisten, und der kam auf 2 glorreiche Ideen: Kappung des Rücklaufölkanals über das NW-Getriebe und stattdessen Ölabsaugung im KW-Sumpf a‘la Sporty, und, noch viel schlimmer: Die seit Jahrzehnten bei 4-Takt-Verbrennern übliche Teilölkühlung der Zylinderköpfe durch den Schmierölkreislauf wird wieder abgeschafft, sodass wie beim Knucklehead nur ein wenig Schmieröl zur Deckung des Schmierbedarfes in den Rockerboxen in diese gepumpt wird. Haben in der Werkstatt mal einen TC ohne Rockerboxdeckel laufen lassen: Es ist erschreckend, wie wenig Öl da ankommt. Der Spezialist hatte das Problem „gelöst“ : Das Öl wurde nicht mehr „so“ heiß (es wird bekanntlich noch heiß genug) , weil wie vorm Kriech nur noch ganz wenig davon zur reinen Schmierung in die heissen Zylinderköpfe und zurück geleitet wird. Die Zylinderköpfe überließ er einfach „sich selbst“

. Mit 88 cui ging das noch irgendwie gut, aber - getriggert durch das seinerzeitige japanische Wettrüsten bis zur Kawa VN2000 - ab 96 cui und mit dem mageren Gemisch, das in California und EU ab ca 2006 gefordert wurde, zeigten die Köpfe in den Gegenden der USA , wo es monatelang tagsüber über 30 Grad C und nachts nicht unter 20 Grad C hat, anscheinend die typischen Überhitzungserscheinungen schon des Knucklehead: Klingeln (Beschleunigen) und Klopfen (hohes Dauertempo oder lange Steigungen) . Wegen der ohnehin für die geregelten Kats erforderlichen softwaregesteuerten Einspritzung gab es da ja Software-Zaubersprüche

dagegen:
- Drehzahlabsenkung im Leerlauf,
-Klopfregelung über Prüfstrom an den Zündkerzenelektroden nach der Zündung
- und zuletzt die hier diskutierte Abschaltung des hinteren Zylinders im Leerlauf, weil der im Stand ohne Kühlluftstrom durch die oben geschilderten Bill Harley‘schen Kühlkanäle unter den Kipphebelachsen hindurch schon im Leerlauf das Auslassventil übermäßig verschleißen lässt, und außerdem früher oder später das Klopfen anfängt.
Durch die beim TC gegenüber dem Knucklehead sehr dünnen Kanäle kommt ganz hinten nur noch relativ wenig Kühluft an, zumal der Kühluftstrahl ab Austritt überm Einlassventil des vorderen Kopfes - zusätzlich durch das Gestrubbel um den Manifold verwirbelt - bis zum Kanaleinlass des hinteren Zylinders über dessen Einlassventil ungeführt „durch die Luft springen“ muss. Das da nicht soviel und so kühle Luft am hinteren Auslassventil ankommt, dürfte klar sein. Die Abschaltung des hinteren Zylinders wird bei den 5HDs ausgelöst, wenn der Temperatursensor im hinteren Kopf 165 Grad C misst.
Worauf ich damit hinauswill: wegen den Eigenheiten des TC-Schmierölkreislaufs ist die Öltemperatur nur ein schwacher Indikator, wie es um die Hitzewallungen des hinteren Auslassventils bestellt ist. Wo nicht serienmäßig (bei den Tourern) aktiviert, unbedingt EITMS aktivieren lassen. War meine erste Maßnahme noch vor Auslieferung meines TC. Alles was das Gemisch fetter macht, führt durch Verdunstungskühlung des überschüssigen Kraftstoffes natürlich auch zu einem kühleren Auslassventil. Beim TC muss man nach alter HD-Tradition die Standfestmachung des Triebwerks eben noch in die eigene Hand nehmen

. Dass der vordere Zylinder natürlich übermäßig heiß wird, wenn er die - sinnlose - Verdichtungsarbeit des abgeschalteten hinteren Zylinders mitübernehmen muss, ist auch klar. Also allzulang lasse ich den Motor nicht mehr im Leerlauf vor sich hintuckern, wenn der hintere Zylinder abgeschaltet wurde. Ich sehe das Abschalten eher als Warnhinweis, dass
- ich den Motor bis zum Losfahren ganz abschalte
- ab dann bei den herrschenden Umweltbedingungen ganz vorsichtig mit geringstmöglicher Belastung weiterfahre, bis ich eine Möglichkeit für eine längere Auskühlpause gefunden habe. Wer alle 2 Jahre ne Neue kauft, dem kann das natürlich alles egal sein. Ich schreibe hier bloß für die, die mit ihrem „ Schätzchen“ eine dauerhafte Beziehung eingehen wollen
Übrigens, beim M8 ist das Problem durch die separate Öl- bzw Wasserkühlung der Auslassventile natürlich grundsätzlich beseitigt. Dafür muss man halt mit den HD-untypischen riesigen Kühlern leben. Die M8-Zylinderköpfe brauchen daher auch nicht mehr Bill Harleys Luftkühlkanäle und ähneln daher stark den Panheadköpfen (jaaa, die Lagerböcke sind aus Kostengründen nur noch angegossen statt wie beim Pan verschraubt

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„I don‘t like valves that look like golf tees. Intake valves should be the size of trash can lids, and pistons should be the size of manhole covers“ (Jay Leno)
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