Hallo Thomas,
das Pendeln dürfte wohl eines der komplexesten Phänomene der Fahrphysik des Motorrads sein. Von daher ist eine Diagnose der Ursachen sicherlich nicht einfach.
Schau doch mal bei
www.fahrtipps.de, da ist Pendeln und Flattern recht gut erklärt:
"... Untersuchungen haben gezeigt, dass es viele verschiedene Ursachen gibt, die sich zum Teil gegenseitig beeinflussen. Das Pendeln tritt mit einer Frequenz von 2,5...4 Hz um die Längsachse - Bewegungen wie beim Bootfahren, nur schneller - auf, meist erst ab einer Geschwindigkeit über 130 km/h. Prinzipiell pendelt jedes Motorrad. Wenn das Motorrad gut durchkonstruiert wurde, klingen die Pendelbewegungen schnell wieder ab. Nach Schmieder soll ein Motorrad bei einer Pendelfrequenz von 3,5 Hz einen Pendeldämpfungsgrad von D = 0,05 haben, also das Pendeln nach 1 Sekunde abklingen. Die Frequenzen der Bewegungsvorgänge beim Menschen liegen übrigens zwischen 1...2 Hz, er kann also nicht regulierend eingreifen !
Auswirkungen auf das Pendeln haben:
• Rahmenbauart: Bei den heutigen Sportmaschinen werden mittlerweile stabile Konstruktionen angewendet. Kritisch wird es bei den schnellen Enduros - die, um Gewicht zu sparen auch eine einfache Rahmenversion (Einrohrrahmen) aufweisen. Reisetourer, siehe weiter unten.
• Telegabel: Die Tauchrohre sind mittlerweile auch bei den einfachen Maschinen von so hoher Qualität, dass man durchaus behaupten kann: Fahrwerksseitig haben die modernen Motorräder die Motorentwicklung eingeholt.
• Lenkungsdämpfer: Eigentlich nur ein Hilfsmittel, um die Konstruktionsschwächen auszugleichen (zu kurzer Nachlauf, steiler Lenkkopfwinkel) - er soll den Kickback (Zurückschlagen) der Lenkung bei entlastetem Vorderrad, reduzieren.
• Lenklagervorspannung: Auf feinfühlige Justierung achten.
• Lenkerbauart: Hochlenker ist kritisch.
• Vorderradunwucht : Verstärkt auch das Flattern.
• Verkleidung: Wichtig: - keine Lenkerverkleidung, die nicht rahmenfest ist.
• Schwerpunktlage: Richtige Beladung mit dem schwerstem Gepäck im Tankrucksack, weniger Schweres in die Packtaschen, gleichmäßig verteilt, im Topcase nur ganz leichte Dinge - eigentlich klar.
• Beifahrer - Sozius: Interessanterweise tritt mit Beifahrer das Pendeln geschwindigkeitsbezogen viel später oder gar nicht auf - Sozius ist nicht nur "Reifenschoner" sondern Nervenschoner !
• Kurvenfahrt: Durch Unebenheiten kann auch eine pendelstabile Maschine zu "rühren" anfangen.
• Bodenwellen bei Geradeausfahrt.
• Sitzposition: Füße auf Sozius-Rasten ist kritisch.
• Kleidung: Regenkleidung - aber wer fährt bei Regen damit schon schnell ?
Entgegen weitläufiger Verbreitung, haben zu niedriger Reifendruck und abgefahrene Reifen bei Geradeausfahrt keinen Einfluss auf das Pendeln! (siehe 11 — Seite 70 ff sowie Seite 102)
Richtig öffentlich bekannt wurde das Pendeln erst seit 1978, (BMW R-Fahrer kannten das ja schon länger) durch die Honda Gold Wing GL 1000. Die Angehörigen eines verstorbenen Motorradfahrers klagten mit Erfolg gegen den Hersteller (BGH v. 09.12.1986 Az: VI ZR 65/86). - das Motorrad pendelte in einer abschüssigen Rechtskurve bei einer Geschwindigkeit von 140 - 150 km/h so stark, dass der Fahrer vom Motorrad stürzte und sich tödliche Verletzungen zuzog. Ursache war eine Lenkerverkleidung (Abnahme: Prüfbericht TÜV Bayern vom 20.06.1977 sowie Ergänzungen vom 08.11.1977 und 31.10.1979), die nicht rahmenfest montiert war. Die Nachwirkungen dieses Urteils kann man heute noch sehen, nämlich die Produkthaftung für Packtaschen nur bis 130 km/h !!!"
Quelle: Thomas Ihle,
www.fahrtipps.de