Nach dem Post "Profis am Werk" habe mich durchgerungen mal von einem "Erlebnis der 8ten Art" zu berichten. Ich gehöre bestimmt nicht zu den Leuten, die sich schnell beeindrucken lassen aber selbst nach jetzt fast 1 Jahr bin ich immer noch geschockt über die Abgebrühtheit und lebensgefährliche Aktion, die ein Harley Händler mit mir abgezogen hat.
Vorab in Kürze die Situation:
- November 2020 eine Dyna Wide Glide 2007 von einer Harley Werkstatt (kein offizieller Händler) gekauft mit den Aussagen:
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- Komplette Inspektion gemacht inkl. aller Öle
- Stahlflex-Leitungen vorn angebaut und eintragen lassen
[*]Werkstatt machte einen guten Eindruck - sehr sauber und aufgeräumt - ansonsten hätte ich das Mopäd nicht gekauft.
[*]Anmerkung: Man kann den Leuten halt nur vor den Kopf gucken!
[*]Im Jahr 2021 dann das ganze Jahr gefahren, inkl. Urlaub in Italien (Dolomiten) usw.
[*]Januar 2022 dann Reifen gewechselt und in dem Zuge die Bremsen geprüft
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Fazit:
- Bremsbacken vorne erneuert, hinten geprüft und wieder eingebaut
- Bremsflüssigkeit gewechselt (vorne und hinten), da diese vollkommen verdreckt war
... und hier begann dann mein "Erlebnis der 8ten Art" ...
Die Bremsflüssigkeit sah erst einmal aus, als wäre sie noch nie gewechselt worden.
Da die Flüssigkeit angeblich nur ein Jahr drin war, es waren ja Stahlflexleitungen eingebaut worden, hat der Typ wahrscheinlich die alte Flüssigkeit wieder eingefüllt.
Nach dem Wechsel der Bremsbeläge vorn, entlüften und allem drum und dran habe ich dann einen Dichtigkeitstest über mehrere Stunden gemacht, auch wenn ich die Leitungen nicht demontiert hatte.
Der Dichtigkeitstest alles einwandfrei, alles trocken.
Ich habe danach dann einfach nur ein- zweimal die Bremse feste durchgezogen und mit einem Male ist mir die komplette Bremsflüssigkeit im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht "explodiert". Aus dem Bremszylinder kam ein tierischer Strahl.
Also sofort Augen und Gesicht ausgewaschen - noch richtig Glück gehabt.
Folgendes hat dann die Prüfung ergeben:
Zwischen der Stahlflexleitung und dem Bremszylinder war ein Adapterstück eingesetzt worden. Erst einmal OK, aber was mich gewundert hat ... als ich die Leitung mit neuen Dichtungen abdichten wollte, war die Dichtung zu groß. Also Dichtungen usw. geprüft, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass etwas mit dem Adapter nicht zu stimmen schien.
Im Bremszylinder meiner Harley ist ein 7/16" Gewinde, also hätte hier ein Adapter 7/16”-24 → JIC 37°-3 eingebaut werden müssen.
Da der Typ mit der Harley Werkstatt wohl keinen Adapter hatte und auch keine 30 Euro dafür ausgeben wollte, hat er einfach einen Adapter mit einem M10-Gewinde genommen, jede Menge Loctite 262 draufgeschmiert und dann das Adapterstück in den Bremszylinder eingeklebt! Das Adapterstück konnte nämlich ohne zu schrauben in den Bremszylinder eingeschoben werden! (dadurch war letztendlich das Gewinde noch einwandfrei in Ordnung)
Durch meinen Bremsentest war der Loctite Kleber wahrscheinlich so unter Druck geraten, dass ein weiterer fester Zug der Bremse dann alles zum Kolabieren gebracht hat.
Ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn das im Straßenverkehr bei einer Notbremsung vorgekommen wäre, vor allem da ich ja ca 1 Jahr mit dem Profi-Scheiß durch die Gegend gefahren bin ...
Problem ist natürlich, nach einem Jahr konnte ich den Typen nicht mehr drankriegen ... und ehrlich gesagt bin ich immer noch froh, dass meine Chefin und ich noch leben.
... aber ich weiß, warum ich ansonsten nie jemanden an meine Motorradbremsen lasse!
Hier mal einige Fotos.
1. Foto: Beide Adapter, sehen schon recht ähnlich aus und am rechten (falschen) sieht man noch schön die Reste des Loctites.
2. Foto / 3. Foto: So war es eingebaut mit jeder Menge Loctite
4. Foto: So wäre und ist es jetzt korrekt
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Der Weg ist das Ziel ... wer torkelt hat mehr vom Weg!