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Geschrieben von Angstbremser am 04.04.2020 um 23:29:

Tag-9

Porto Pollo - Agnarello - Pietrosella - Col de Bellevalle - Col de Carazzi - Col de Vizzavona - Col de la Serta - Corte - Gorges de la Restonica - Ponte Leccia - Gorges de l'Asco - Ponte Leccia - Casamozza - Ortale de Biguglia - Col de Santo Stefano - Défilé  de Lancone - Bastia: 353km

Der September 2019 war wettermäßig ziemlich wechselhaft. In der ersten Dekade gab es einen heftigen Kälteeinbruch in den Alpen, die Pässe waren kurzzeitig geschlossen und auch in Norditalien und auf Korsika war das Wetter alles andere als ideal. Ich war um den Termin unserer Tour froh, ein Woche früher und wir hätten lange nicht so viel Spaß gehabt. Während unseres ganzen Aufenthalts waren wir von weiteren Genuatiefs verschont geblieben und die Sonne schien auf unsere Ausflüge herab (meistens jedenfalls). Aber es schien, als ob uns mit unserer Abreise das Glück verlassen sollte. Für Genua war Regen angesagt, für das letzte Stück nach Bastia könnte es knapp werden.

Zur Abfahrt von Porto Pollo war es allerdings noch sonnig und wir erkundeten noch ein paar weitere Straßen in Richtung Ajaccio, dann wie gehabt die T20 nach Corte. Heute waren zwei Täler angesagt, das Restonica- und das Asco-Tal. Beide Täler tief eingeschnitten, durch enge Felspassagen (man gewöhnt sich auf Korsika schnell daran) und beide Täler enden am Rand des höchsten Teils des korsischen Gebirges. Das war auch das Problem, ab dem Col de Vizzavona war die Bewölkung immer dichter geworden und der verhangene Himmel beeinträchtigte die Aussicht und trübte das Fahrerlebnis erheblich.

Irgendwann mußten wir dann sowieso in Richtung Fähre aufbrechen. Die T20 ab Ponte Leccia sah auf der Landkarte zwar nicht nach viel aus, war aber wunderschön zu fahren, ausnahmsweise mal breit ausgebaut und vollkommen frei von lokaler Fauna. Wir erreichten die Ostküste auf Hóhe des Flughafens und gerieten in einen Verkehr, den ich mir auf Korsika gar nicht hatte vorstellen können. Kurz vor Bastia bogen wir aber noch ein letztes Mal in die Berge ab, die D62 durch die Défilé  de Lancone stach auf der Michelin noch ins Auge und ward im Internet als extrem heikel und gefährlich beschrieben. Dass mußten wir ausprobieren. Von der Wettersituation abgesehen war die Strecke auch nicht schlecht, aber weit weniger dramatisch als angekündigt und leider offensichtlich die Lieblingsstrecke der einheimischen Autofahrer. Egal, Hauptsache noch einen letzten Col mitgenomen. Auf den letzten Kilometern nach Bastia durch extrem dichten Verkehr begann es tatsächlich noch zu regnen und wir suchten Schutz unter der Markise einer Bar gegenüber des Hafens. Dann war es Zeit zum Aufbruch. Einfahrt in den Hafen, anstellen im Wartebereich, rauf auf die Fähre und das war es dann für uns mit Korsika.


Geschrieben von Angstbremser am 04.04.2020 um 23:31:

Noch ein Nachschlag für Tag 9...


Geschrieben von Pmr am 05.04.2020 um 07:14:

Schöne Bilder und gute Beschreibung. Danke

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Ich bin dann mal weg, um mich zu finden. Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte ich soll hier warten, bis ich zurück bin!


Geschrieben von Hoeli am 05.04.2020 um 10:50:

Hoffentlich geht die Schei*** hier bald für alle gut zu Ende! Unsere angepeilte und auch schon gebuchte  5 - tägige Vatertagstour ist gecancelt, es gibt z.Zt. keine Perspektive wann und wie es weiter geht, da bleibt nur das mentale mitfahren in deinem Bericht!
Danke!

__________________
Du hörst nicht auf zu fahren wenn du alt wirst,
du wirst alt wenn du aufhörst zu fahren!


Geschrieben von Frankencruiser am 05.04.2020 um 21:51:

...kann mich den Vorschreibern nur anschließen: vielen Dank Gernot für den wiedermal fabelhaften Bericht Freude
Gruß an Petra, macht weiter so ! smile

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Wir kommen dem Nullpunkt immer näher Freude  


Geschrieben von Angstbremser am 05.04.2020 um 23:24:

Tag 10:

Genua - Tortona - Brescia - Idro - Passo d'Ampola - Riva - Trento - Bozen - Meran - Timmelsjoch - Oetz: 584km

Der letzte Tag ist schnell erzählt. Strömender Regen bei der Ankunft in Genua, heil von der Fähre runtergekommen, heikle Autobahnfahrt durch die ligurischen Berge Richtung Mailand. Auf irgendeiner verregneten Raststätte verabschiedeten wir uns von den anderen, die gerade nach Norden zum Bodensee weter wollten. Bei Tortona rechts ab nach Brescia und dann weiter über Idro-, Garda- und Toblinosee nach Trient. Weiter auf der Brennerautobahn, MeBo, Passeiertal und dann, wie auf dem Hinweg, Timmelsjoch. Eigentlich waren wir schon fast daheim, aber beim Tanken kurz vor der Inntalautobahn bemerkte die Angstbremserin, daß der Hinterreifen bis auf die Karkasse runter war. Das war schon etwas überraschend. Am Freitagabend vor dem Supermarkt hatten wir uns noch gedacht, wenn wir wieder daheim sind, ist der Reifen langsam fällig zum Austausch. Doch so weit sollte es nicht kommen. Wir ließen uns von einem Freund abholen, die Road King wurde von unserem Freundlichen per Transporter abgeholt. Bei der Gelegenheit war sowieso der 56000er-Service fällig und zwei neue Bremssscheiben gab es auch noch. So war dieser Urlaub halt nicht in München, sondern schon bei der OMV im Ötztal zuende. Unglaublich schön war es trotzdem


Geschrieben von Robbie am 06.04.2020 um 07:05:

Danke für deine tollen Tourberichte.


Geschrieben von Hoeli am 06.04.2020 um 11:01:

Hauptsache gesund wieder zu hause angekommen!
Was hast du für ein Reifen drauf gehabt und wie hoch war die Laufleistung?

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Du hörst nicht auf zu fahren wenn du alt wirst,
du wirst alt wenn du aufhörst zu fahren!


Geschrieben von Pmr am 06.04.2020 um 11:42:

Schon heftig mit dem Reifen. Da hat der doch vorher schon gut KM runter gehabt, oder?

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Ich bin dann mal weg, um mich zu finden. Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte ich soll hier warten, bis ich zurück bin!


Geschrieben von Angstbremser am 06.04.2020 um 12:56:

Mahlzeit, zusammen!

Das war ein Avon Cobra Chrome und hatte 4000km drauf zu Beginn der Reise und 8000 am Ende. Ich bin mir nicht sicher, ob das schon als "ordentlich" gilt.


Geschrieben von bios4 am 06.04.2020 um 13:23:

Grundsätzlich bin ich ja der Meinung "lieber 8000 km Laufleistung mit super Haftung/Handling als 20000 km und dafür nur am Rutschen"...
Aber ob der Gummi nach den 8000 km SO aussehen "darf" - ich weiß nicht!?? unglücklich

Ich fahre den Cobra Chrome ja seit 8/2019 selbst, werde das also diese Saison bei mir genauer beobachten.
Ich hoffe ich komme bald zum Fahren... Augen rollen

__________________
Motorcycling...
Look close, can you see it? It’s called freedom.

LG Mike


Geschrieben von Angstbremser am 06.04.2020 um 13:55:

zum zitierten Beitrag Zitat von bios4
Grundsätzlich bin ich ja der Meinung "lieber 8000 km Laufleistung mit super Haftung/Handling als 20000 km und dafür nur am Rutschen"...
Aber ob der Gummi nach den 8000 km SO aussehen "darf" - ich weiß nicht!?? unglücklich

Ich fahre den Cobra Chrome ja seit 8/2019 selbst, werde das also diese Saison bei mir genauer beobachten.
Ich hoffe ich komme bald zum Fahren... Augen rollen

Die schlecheste Lösung ist allerdings ein Reifen, der nach 8000km so aussieht, dabei rumrutscht und durch jede Kurve eiert.

Aber das ist ausschließlich meine Beobachtung für die 130/180 16-Zoll-Weißwand. Was ich so gesehen habe, sind außer mir ja alle superzufrieden mit den Schlappen.


Geschrieben von bios4 am 06.04.2020 um 14:24:

zum zitierten Beitrag Zitat von Angstbremser
Die schlecheste Lösung ist allerdings ein Reifen, der nach 8000km so aussieht, dabei rumrutscht und durch jede Kurve eiert.

Ist das denn deine Erfahrung mit dem Reifen?
Bist du nicht zufrieden mit Handling & Co.?

Deine Erzählung hat für mich schon so geklungen als wäre die Entdeckung durch die Angstbremserin eine Überraschung gewesen...

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LG Mike


Geschrieben von Angstbremser am 06.04.2020 um 15:19:

zum zitierten Beitrag Zitat von bios4
Ist das denn deine Erfahrung mit dem Reifen?
Bist du nicht zufrieden mit Handling & Co.?

Das war der schlechteste Reifen, den ich bis jetzt draufhatte. Nässehaftung nicht vorhanden, Laufleistung siehe oben, Handling grauenhaft. Permanentes Wackeln und Eiern. Zum allerersten Mal habe ich ein Aufschaukeln in schnellen Kurven erlebt. Nie wieder. Ich habe jetzt wieder den AE drauf und alles ist gut.


Geschrieben von Angstbremser am 06.04.2020 um 22:44:

Epilog

Giesing - Korsika - Ötztal: 3752km

Im Rückblick war dieser Trip ein wunderschöner Motorradurlaub. Korsika bietet ein enges Nebeneinander von Meer und Hochgebirge, durchzogen von tausenden Kilometern kurviger, aussichtsreicher und anspruchsvoller Straßen. Das Straßennetz ist weitgehend gut und extrem dicht. Und, so vermute ich, kein Vergleich zu den Verhältnissen noch gar nicht so lange vergangener Zeiten. Ich war bei meiner Recherche für diesen Bericht einige Male auf Google Streetview unterwegs, die Aufnahmen des Col de Vaccia von 2011 zeigen noch eine Schotterpiste, wo jetzt ein breit ausgebautes Asphaltband von bester Qualität entlangführt. Jetzt verstehe ich auch erst die Bemerkungen bezüglich des "Enduroparadieses". Das heutige Straßennetz ist sogar so dicht, daß ich ein halbes Jahr später schon Probleme hatte, die genauen Strecken nachzuvollziehen, da auf Korsika viele Wege zum jeweiligen Rom führen.

Korsika hat nicht nur hervorragende Motorradstrecken zu bieten, sondern auch atemberaubende Natur und schöne, spektakulär gelegene mittelalterliche Städte. Die Insel ist also nicht nur für Motorradfahrer interessant, sondern auch für alle möglichen anderen Arten von Touristen. Entgegen aller Aussagen war der Monat September keine menschenleere Nebensaison, die Fähre, die Straßen und die Städte waren voll, schon in einem Maß, daß es zumindest mich schon gestört hat. Die meisten der Videos auf Youtube sind in der Zeit um Ende Mai entstanden und ich würde denken, daß sich diese Zeit eher anbietet, auch wenn die Anreise durch die Alpen dann etwas schwieriger ist. Und so ist es auch nicht verwunderlich, wenn mir das abgelegene Porto Pollo besser gefallen hat als das vielbesuchte Calvi (oder auch Bonifacio).

Ein paar Makel lassen sich aber auch hier finden. Korsika ist bestimmt keine High-Speed-Insel. Enge, unübersichtliche Straßen, unvermittelte Schlaglöcher  und allgegenwärtige Tiere auf der Fahrbahn verlangen nach einer vorsichtige Fahrweise. Zudem ist auch diese Insel von Erosion betroffen, die Regenfälle vor unserer Ankunft hatten jede Menge Sand und Dreck auf die Straßen gespült und praktisch jede Rechtskurve war verschmutzt. Also besser etwas langsamer fahren. Abgesehen von den üblichen Problemen, die wir in Frankreich mit dem Essengehen haben, war der größte Nervfaktor die unermessliche Zahl von Temposchwellen in allen Ortsdurchfahrten, oft im Abstand von nur 50-100 Metern.

Das waren aber nur kleine Schönheitsfehler einer ansonsten erstklassigen Reise. Die Anfahrt ist zwar etwas aufwendiger, man wird dafür aber reichlich belohnt. Würde ich wieder hinfahren? Jederzeit, allerdings dann mit besseren Reifen und intakten Bremsscheiben. Theoretisch zumindest, wenn nicht noch dutzende andere Ziele locken würden, die ich noch nicht besucht habe.