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Alpi Orobie Juni 2018
Ende Juni hatte ich ja im Bollerfred angekündigt, zu unserem Ausflug in die Bergamasker Alpen einen Bericht zu liefern. Das hat jetzt wesentlich länger gedauert als erwartet, aber hier kommt zumindest mal der Anfang.
Prolog
Nach meinen ausgedehnten Fahrradtouren von Anfang Mai bis Mitte Juni waren meine Beine total leer und verlangten nach Ruhe. Aber trotzdem schönes Wetter in den Bergen (zumindest im Süden. Die Nordalpen, speziell unser Primärziel in der Schweiz, sahen eher nach Kälte und Nässe aus. Aber in solchen Situationen kann selbst ich flexibel sein), das kann nicht ungenutzt bleiben. Ergo: das Rad ohne Motor gegen das mit Motor tauschen, die Angstbremserin hinten drauf und wieder los am Freitagnachmittag. Raus aus der Garage, rauf auf den Ring... und rein in den Stau. Das ist mir in hohem Maße ein Rätsel, seit der Fertigstellung des Kiesselbach-Tunnels ist die Stausituation um den Brudermühltunnel schlimmer als je zuvor. Jedesmal und unausweichlich. Dabei zählt wieder jede Minute auf den harten Anschlag am Timmelsjoch. Irgendwann bin endlich auf dem Weg nach Starnberg und kann Strecke machen. Bei Großweil runter von der Autobahn und über Kesselberg und Walchensee nach Krün zum Tanken. Der Sprit hat doch wieder nicht bis Österreich gelangt. Egal, weiter nach Seefeld, runter nach Telfs und rüber nach Ötz. Das Ötztal ist dieses mal vergleichsweise verkehrsarm, bleiben noch die unzähligen Blitzer, also lieber regelkonform fahren. Die Mautstelle wird mit reichlich Reserve erreicht, ab hier dann entspannt über den Paß zu unserer Unterkunft. Wieder vollkommen unnötig Sorgen gemacht. Road King abgestellt, Zimmer bezogen, ab zum Abendessen und zur Planung des nächsten Tages.
Von Seefeld hinunter ins Inntal
Erstaunlich, wieviel Ehrgeiz andere Motorradfahrer immer entwickeln, wenn sie die Road King im Rückspiegel sehen
Aufziehendes Wetter im Norden...
...besser im Süden
Fast geschafft! Im der letzten Abendsonne kommt unser Hotel in Sicht
Samstag
Beim Frühstück machten wir die Bekanntschaft eines Pärchens mit einer alten BMW-Boxer. Die beiden waren noch weitgehend analog unterwegs, Landkarte statt Routenplaner, geht ja auch tadellos und verschafft auch einen besseren Überblick. Dennoch war der Fahrer dankbar, als ich ihm auf meinem Handy die Seite des Sella Ronda Bike Day zeigte. Seine Tour um die Sella sollte er besser auf einen anderen Tag verschieben.
Als wir nach dem Frühstück unser Mopped wieder beluden, fing der Wochenendverkehr schon an, die Timmelsjochstraße herunterzuströmen. Ein erster Vorgeschmack auf den Tag. Kaum losgefahren, waren wir selber schon voll mittendrin. Unglaubliche Menschenmassen und anscheinend hatten die meisten davon in ihrem Leben noch keine Kurve gesehen. Stau durch Meran, Stau auf der Vintschgaustraße, furchtbar zähes Vorankommen bis Prad mit einem eher fruchtlosen Einkaufsstop in Laas. Der Tag ging nicht gut los und es wurde noch schlimmer. Eigentlich war doch erst Juni, trotzdem war das Stilfser Joch hochwärts schon das, was der Angelsachse als "Three Ring Circus" beschreibt. Wohnmobile, Minibusse, ein holländischer Audi-Club (mit Rauchgenerator) und als Krönung eine große Traktoren-Rallye. Kein Blick mehr für das Bergpanorama unter dem mit Föhnwolken verzierten blauen Himmel. Volle Konzentration auf die Straße, vor den Kehren bloß viel Abstand lassen. Endlich in Bormio angekommen, bog das Auto mit dem gelben Kennzeichen vor mir links ab Richtung Gavia. OK, genug, Auszeit. Erstmal etwas essen, genug trinken und die Tagesplanung überdenken. Über den Gavia Richtung Gardasee können wir uns bei dem Verkehr wohl knicken. Also, auf zu neuen Horizonten: In den Bergamasker Alpen war ich noch nicht. Also Richtungswechsel, erstmal talabwärts, in Grosio links hoch zum Mortirolo und dann über Edolo zum Passo Vivione. Danach sehen wir weiter.
Die Idee war wohl richtig. Ab ein paar Kilometern das Veltlin herunter kaum noch Verkehr. Bis auf ein paar herausgeforderte KTM-Fahrer auch über den Mortirolo keinen Streß. In Forno Allione biegen wir aus dem Val Camonica ab auf den Passo Vivione, eine extrem enge Bergstraße, die sich durch Unmengen von Goldregen den Berg hochwindet. Begegnungsverkehr haben wir glücklicherweise fast nur mit BMW GS, ein einzelner entgegenkommnder Bauer in seinem Auto macht die Sache schon reichlich diffizil. Auf der Paßhöhe treffen wir auf einen italienischen Fahrer mit defektem Naked Bike. Wartet bei einem Kaffee darauf. daß ein Abschleppwagen ihn abholt. Ein Abschleppwagen auf dieser Straße, der wird uns noch ein paar Probleme bereiten. Bei unserem Kaffee diskutieren wir den weiteren Weg. Südwärts zum Iseo-See oder westwärts nach Bergamo? Wir entscheiden und für den Weg nach Westen, mehr neue Pässe in dieser Richtung.
Passo della Presolana, Passo di Zambla, jede Menge Kurven, fantastische Bergblicke, idyllische Täler, felsige Schluchten und Dörfer mit interessanten Namen. Schließlich landen wir in San Pellegrino Terme, nach der Beschreibung meiner Brüder ein eher verschlafener Ort. Das war aber im September, im Juni steppt da der Bär. Straßenfest, Tennisturnier, Menschen allüberall. Nach etwas herumtelefonieren bekommen wir aber doch noch ein Zimmer und nach einigen Irrungen und Wirrungen auch etwas zum Essen.
Super. Nach einem vergurkten Start hatten wir doch noch einen erstklassigen Fahrtag mit reichlich neuen Straßen.
Timmelsjoch abwärts Richtung St. Leonhard
Oben mit, unten ohne
I am not making this up
Berge, Himmel, Föhnfische
Ausblick, standard
Geduldsprobe
Herdentiere
Kurven und Tunnel hinab nach Bormio
Der schmale und steile Weg hinauf zum Mortirolo
Edolo
Aufstieg zum Passo Vivione, durchwachsener Asphalt und sehr, sehr eng
Glücklich oben. Sieht...
...irgendwie aus wie Schottland
Der ganze Pass gesäumt von Goldregen
Neue Horizonte
Nächster Pass
Auf dem Weg zum Colle di Zambla
Grob in die Richtung liegt der Comer See
Interessante Ortsnamen
Die Schlucht durch das Val Serina
Post-Abendessen
Der Mond über dem Brembo
Wie immer tolle Bilder und schöne Beschreibung.
Gruß
Bernd
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It's Only Rock 'N' Roll - But I Like It
Member of Bavaria Stammtisch Munich
Sonntag
Guten Morgen! Die Sonne scheint schon durch die Fensterläden und unten wartet ein echt italienisches Frühstück. Bald schlängeln wir uns zwischen Tennisspielern hindurch heraus aus San Pellegrino Terme Richtung Norden. Bei Piazzola müssen wir zuerst auf einer Umleitung über ein Dutzend zusätzliche Kehren eine Baustelle umfahren, danach geht es unablässig bergauf, durch Dörfer, um viele Kehren und vorbei an vielen Radfahrertruppen. Wir verlassen das waldige Tal und steigen über Grashänge weiter hoch. Oben ergeben sich reihenweise phänomenale Ausblicke. Nach einer enorm kurvigen und aussichtsreichen Abfahrt landen wir in Morbegno wieder im Veltlin und reihen uns in die Fahrzeugkolonne gen Norden ein. Zum Glück fahren in Chiavenna die meisten in Richtung Maloja weiter. Der Splügen andererseits ist ein Schaustück in Sachen Alpenüberquerung, von Chiavenna bis zur Paßhöhe durchquert man von mediterraner bis zu hochalpiner Landschaft mehrere Klimazonen auf zum Teil abenteuerlicher Streckenführung. Die Abfahrt auf der Nordseite wird schweiztypisch dominiert von Baustellen. Wie auch sonst? Das Rheintal hinunter wehren wir uns nach Kräften, auf die Nationalstraße geleitet zu werden und schaffen es durch die Via Mala nach Thusis. Der nächste Abschnitt besteht weitgehend aus Autobahn, die hat aber nach Bludenz zum Glück ein Ende. Nach den Erlebnissen des Wochendendes erscheint mir die Silvretta-Hochalpenstraße, die erste 2000er-Paßstraße meiner Karriere, mit ihrem breiten Ausbau und ihren überhöhten Kehren wie eine etwas enttäuschende Autobahn. Wenigstens ist kaum Verkehr. Die ursprünglich geplante Heimfahrt über das Hahntennjoch streichen wir ob der über Imst hängenden Unwetterwolken, lieber weiter nach Osten, wo der Himmel freundlicher aussieht. Also statt Hahntennjoch das Kühtai, das seinem Namen wieder voll gerecht wird. Von Kematen zurück nach Telfs und über den Buchensattel und die Leutasch (wie immer mit Regen) zurück nach München. Die letzten Kilometer auf kleinen Landstraßen durch Mais- und Rapsfelder lassen mir das Herz ob des bevorstehenden Endes der Fahrt noch einmal schwer werden.
Was für ein grandioses Wochenende!
San Pellegrino am Morgen: Der verblichene Glanz besserer Zeiten
Weidevieh mit Veterinärin bei Mezzoldo
Passo San Marco: Wenn Caspar David Friedrich Motorrad gefahren wäre
Blick hinab ins untere Veltlin
Nach der Kehre Blick zurück zur Passhöhe
Wieder zurück im Touristenstrom: Lago di Mezzola
Val San Giacomo oberhalb Chiavenna: Noch ziemlich mediterran
Die bekannte Kehrengruppe unterhalb Pianazzo
Montespluga
Die letzte Kehrengruppe vor dem Splügenpass
Der GS-Fahrer hat nicht nur mich aufgehalten
Via Mala
Silvretta-Autobahn, Westrampe
Vermuntsee mit Seehorngruppe
On the Road
Trisannabrücke bei Pians
Immer kurz vor dem Regenschleier
Kühtai mit Kühen
In der Leutasch hängt es wieder
Out of Ödenpullach
Großartig!
Vielen Dank für den Bericht und die schönen Bilder.
Da möchte man (ich) sofort auf Bike steigen und die Runde "nachfahren"...
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Motorcycling...
Look close, can you see it? It’s called freedom.
LG Mike
Klasse ! Danke.
Man hat bei ruhiger und längerer Betrachtung den Eindruck mitzufahren. Sehr gut .
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Zuviel Auswahl macht Stress
Sehr schöner Bericht!!!
Vielen Dank
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Gruß Micha
“Wenn es Dir wirklich egal ist, was zum Teufel jemand von Dir hält, dann hast Du ein gefährliches Maß an Freiheit erreicht.”
Jim Carrey
Eine wirklich grandiose Tour mit einem packenden Bericht und 1A Photos. So sollte eine Tour sein, wie aus dem Bilderbuch. Schön virtuell mitfahren zu dürfen, vielen Dank für Bericht und Photos!
Viele Grüße und bis bald
Uli
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Vernunft ist durch nichts zu ersetzen, außer durch Hubraum.
Member of Bavaria Stammtisch Munich
Erst heute gesehen, super Bericht mit schönen Bilder.
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CB750
Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt zur Quelle.