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Geschrieben von JvS-105 am 29.06.2016 um 14:15:

Ich möchte noch in die Runde werfen, dass mittlerweile an den Racern (und nicht nur) bereits serienmässig Schaltautomaten verbaut werden. Sogar an den Boxern von BMW. Funktioniert laut verschiedenen Testberichten auch einwandfrei, sogar an den Boxern von BMW *ggg*. Und DAS will was heissen, führt man sich die Geräuschkulisse vor Ohren, die diese Getriebe bisweilen beim Gang-Einlegen in die Alpen-Landschaft werfen.

UND: mit der sog. Blipper-Funktion kann man an solchen Racern auch ohne Kupplung runterschalten. Eine lustige Sammlung von Bits, Bytes und Bitte-Funktioniers sorgt dafür, dass autovollomatisch Zwischengas gegeben wird und das Geschalte flutscht.
Es ist also möglich und nicht zwangsläufig schädlich (sonst würden die Hersteller sicher nicht Schaltassistenten verbauen), ohne Kupplung zu schalten. Bisweilen geht's geschmeidiger (meiner Duc hau ich die Gänge 4, 5 und 6 auch gerne ohne Brembos Hilfe rein, weil dann sitzen sie zumindest korrekt *g*), bisweilen (in den niedrigen Gängen) ruckelt's halt heftig oder es kracht. Aber das tut's bei einigen Getrieben auch MIT Kupplung *g*

Ja, und selbst der Road King verweigert sich in den hohen Gängen nicht.
Wenn ich mich - was ja bei 80% von uns vorkommen soll -  ab und zu löwen muss, dann wechsel ich die Gänge auch ohne linke Hand.


Was dem Getriebe allerdings ganz ganz sicher nicht gut tut, ist das Eisdielen-Posing-Schalten:

- Motor starten
- im Leerlauf mal redlich Gas geben, am besten 2mal, cool wird's ab 3mal
- Kupplung ziehen und sofort den 1. Gang reintreten

DIESER Schlag bläst mir dann immer die Sahne vom Früchtebecher.

Griass - JvS
 

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Motorprosa • Geschichten aus der Kurve


Geschrieben von Asgar am 29.06.2016 um 14:30:

Augen rollen


Geschrieben von Claus68 am 29.06.2016 um 15:20:

Aber beim Motorrad-Getriebe greifen doch beim Schalten gar keine zwei Zahnräder in einander.
Es wird ja nur die Schaltklaue des Losrades entsprechend arretiert.
Schau Dir mal das Video des Motorradgetriebes nochmals an.


Geschrieben von Asgar am 29.06.2016 um 16:35:

Augen rollen


Geschrieben von DéDé am 29.06.2016 um 16:51:

Gar nicht gut,

Harley-Getriebe sind empfindlich gegen kupplungsloses Schalten. Es gibt mit der Zeit übermäßigen Verschleiß an den seitlichen Zahnradmitnehmern. Die schlagartige,achsiale Bewegung auf den beiden Wellen ist nicht das Problem, die seitlichen Mitnehmer an den Zahnrädern, die ineinandergreifen müssen, verzeihen das auf die Dauer nicht, sie nützen sich ab, oder brechen einfach ab. Einfach mal googeln mit " Worn transmission dogs "

Dieser Schlag beim ersten Gang einlegen (Kupplungslamellen trennen noch nicht vollständig, da kalt, oder Aufwärmdrehzahl zu hoch)  ist analog zu sehen. 1. Gang-Zahnrad muss vom Zustand Bewegungslos schlagartig in Schwung gebracht werden (schlagartigiges Einspuren der Mitnehmer, dogs)
 
Auf der velinkten Seite seht ihr unten ein einzelnes Zahnrad, wo die Mitnehmer verschlissen sind.

http://www.hdforums.com/how-tos/a/harley-davidson-touring-transmission-diagnostic-guide-414305

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noch ohne CAN-BUS und ABS...

http://forum.milwaukee-vtwin.de/thread31788-alle-xl-883-keihin-cv-vergaserkunde.htm


Geschrieben von niterider am 29.06.2016 um 17:53:

zum zitierten Beitrag Zitat von Asgar
@Claus68

Ja, das meine ich ja.
Sehe halt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen dem Aufbau des Motorradgetriebes und des Autogetriebes in den Videos.
Die Räder drehen ständig leer auf der Abtriebswelle, und erst die Schaltmuffen/klauen stellen den Kraftschluss her.

OK, ich Klär das jetzt mal insoweit auf, wie ich die Sache kenne.

Das Schieberadgetriebe ist bei Motorrädern 1954 mit den Dreiganggetrieben von Indian ausgestorben. Harley hat seit 36 wie BMW und alle Autos der 30er ein Schaltklauengetriebe, bei Harley und BMW ab 36 mit 4 Gängen. Wie der Name schon sagt, wird hier mit Klauen und nicht mehr mit Schiebezahnrädern geschaltet, ganz einfach, weil bei zwei sich ineinanderschiebenden Klauen (eine am Zahnrad, eine an der Welle) gleichzeitig ALLE Klauen Kraft zu übertragen beginnen und nicht jeweils nur EIN Zahn der ineinandergeschobenen Zahnräder, der durch den Ruck infolge des Drehzahlunterschiedes und des daraus entstehenden Verdrehmomentes infolge der Drehmassenträgheit der Zahnräder unweigerlich früher oder später abbrechen muss, ein typisches Problem der archaischen Schieberadgetriebe von Indian-alt. 

Bei Autos hat der amerikanische Zulieferer Borg Warner m.W. ab 1938 vor die Klauen kleine Kupplungen geschaltet, im Volksmund "Synchronringe" genannt, die erst die Drehzahl der ineinanderzuschiebenden Klauen angleichen. Dabei verdrehen sie sich um einen definierten Weg und blockieren durch einen Mechanismus (je nach Hersteller unterschiedlich) das Weiterschieben der Klaue. Wenn die Drehzahl angeglichen ist, entfällt das Verdrehmoment infolge des Drehzahlunterschiedes und der Synchronring gibt das Vorschieben der Klaue frei, die sich in die Gegenklaue schieben lässt. Dieser Synchronisiervorgang dauert naturgemäß seine Zeit, was man beim Auto schön daran merkt, dass der Schalthebel eine Zeitlang blockiert ist , bevor man ihn bis an den Anschlag (Klauen greifen ineinander) schieben kann. Stärkerer Druck auf den Schalthebel presst die Synchronringe stärker aufeinander, was die Synchronisierzeit verkürzt, die Lebensdauer der Synchronringe aber auch cool .  Beim Motorrad
- wird diese Synchronisier-Zeit als zu gefährlich angesehen, da hier der Gang, notfalls unter Krachen, sofort drin sein muss
- ist infolge der im Vergleich zum Auto kleinen Zahnräder die Drehmasse der Zahnräder so klein, dass der Verschleiß durch "Krachen" sich im Rahmen hält
- ist nicht genug Platz, um das durch die an jedem Gang angebrachten Synchronringe deutlich verlängerte Getriebe unterzubringen, schon gar nicht bei mehr als 4 Gängen
- wird daher von Anfang an bis heute nichtsynchronisiert (= ohne Synchronringe) geschaltet, was ein Schalten ohne Kuppeln erlaubt, da hier keine Synchronringe verglühen können.

Um diese Synchronisierzeit zu sparen, wird bei echten Rennwagengetrieben trotz der hohen Drehmassenträgkheit der Zahnräder bis heute auf Synchronringe verzichtet, man kann vor dem nächsten Rennen ja ein neues Getriebe einbauen. Für die Volldeppen nennt man die Schaltklauen heute "dogring", als wär das was völlig Neues, obwohl lediglich die Form der Klauen der altbekannten Schaltklauen etwas optimiert wurde Augen rollen  . Aber bei einem Anglizismus klingt eine simple Formoptimierung ja so schön spacig nach nie dagewesenem Hightech großes Grinsen

Das bedeutet allerdings, dass man bei Motorrad und Rennwagen die Drehzahlangleichung der Klauen selber per Gefühl vornehmen muss. Beim hochschalten noch relativ einfach , weil man da durch Zündunterbrechung (ohne ist bekloppt Baby  )  die Drehzahl der motorgetriebenen Klaue (ohne Zündunterbrechung dann halt mit geschlossenem Gasgriff) solange abfallen lässt, bis der Druck auf den Schalthebel die hinterradgetriebene Klaue bei Drehzahlgleichheit in die vordere gleiten lässt (oder umgekehrt). Ihr merkt hier schon, dieser wegen des Abwartens der Drehzahlangleichung und ihrer Unterstützung durch Reibung an der Klauenfront  notwendige längere Druck auf den Schalthebel erzeugt unsinnigen Verschleiß an den Schaltgabeln. 

Fast unmöglich wird es beim Runterschalten, weil man da die Drehzahl der motorgetriebenen Klaue auf die der hinterradgetriebenen Klaue erhöhen müsste. Da hilft also kein Abwarten, man muss die Drehzahl aktiv finden.Das würde man nur hinkriegen, wenn man an jeder Klaue einen Drehzahlmesser (also bei 4 Gängen sage und schreibe 8 Drehzahlmesser) hätte und nur dann runterschaltet, wenn die beiden Drehzahlmesser der ineinanderzuschiebenden Klauen die gleiche Drehzahl haben. Die Elektronik kennt natürlich die Getriebeübersetzungen und kann sich aus dem Motor- und Tachosignal die Drehzahlen der jeweiligen ineinanderzuschiebenden Klauen ausrechnen und erhöht dann die Drehzahl der motorgetriebenen Klaue bis zur Drehzahlgleichheit (im Volksmund "Zwischengas" genanntt)

Wer das genausoschnell im Kopf ausrechnen  kann, dem wünsche ich viel Spaß beim geräuschfreien Runterschalten ohne Kuppeln cool

Mein Beispiel von vorhin zum Runterschalten  funktioniert so, dass ich den Motor auf Hohe Drehzahl bringe , dann mit dem Schalthebel die Klauenfronten aufeinanderdrücke und warte, bis der wiederabfallende Motor zufällig gerade Drehzahlgleichheit  an den Klauen erzeugt. Das kann nur klappen, wenn ich die Drehzahl des Motors vorher ausreichend erhöht habe. Wie hoch ich mit der Drehzahl muss, weiß ich aber nicht, außer, ich bin ein Schnellrechengenie, denn während der Rechenzeit fallen die Drehzahlen von Motor- und hinterradgetriebener Klaue ja auch  noch unterschiedlich schnell weiter ab!  Für alle anderen gilt: Versuch und Irrtum.


Geschrieben von Zigarrenroller am 29.06.2016 um 21:59:

Zitat von JvS-105

Was dem Getriebe allerdings ganz ganz sicher nicht gut tut, ist das Eisdielen-Posing-Schalten:

- Motor starten
- im Leerlauf mal redlich Gas geben, am besten 2mal, cool wird's ab 3mal
- Kupplung ziehen und sofort den 1. Gang reintreten

DIESER Schlag bläst mir dann immer die Sahne vom Früchtebecher.

Griass - JvS

Sorry, mal ganz direkt nachgefragt: inwiefern kann das technisch dem Getriebe Schaden zufügen, wenn man den 1. Gang bei gezogener Kupplung "reintretet"?
Das versteh ich nicht.
Bei Harley "knallt" ja jeder Gang rein, wie sonst bei keiner Maschine. 
Aber bitte mal um Erklärung, was an dem beschriebenen Vorgehen falsch/schädlich ist!


Geschrieben von Moos am 30.06.2016 um 00:45:

Er meinte wohl das durch das Angasen die Motordrehzahl noch recht hoch ist und deshalb der erste Gang nicht ohne Nebengräusche einzulegen ist.

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Wer mit dem Gastgeber nicht klar kommt, sollte nicht hin gehen.


Geschrieben von JvS-105 am 30.06.2016 um 08:18:

Um das Getriebe zu schonen, zieht man die Kupplung, hält sie 3 Gedenksekunden gezogen und legt dann den 1. Gang ein. Bei meiner Duc macht es dann nur leise "Klick".
Oder man startet den Murl mit bereits eingelegtem 1. Gang - ist aber nur bei warmen Motor zu empfehlen, bei kaltem Motoröl macht das Bike einen Sprung nach vorn, weil die Kupplung nicht trennt.

Griass - JvS


 

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Geschrieben von JvS-105 am 30.06.2016 um 08:22:

Zitat von Zigarrenroller

Bei Harley "knallt" ja jeder Gang rein, wie sonst bei keiner Maschine.

DAS halte ich für ein Gerücht und den Beweis, dass Du noch nicht viel Harley gefahren bist.
Hättest Du geschrieben, der Anlasser reisst jedesmal eine Mauer ein beim Starten, könnte ich das Bestätigen.

Aber das Getriebe z.B. meines Road Kings ist allererste Sahne und butterweich zu schalten!

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Geschrieben von Cruiser-Alex am 30.06.2016 um 08:24:

Zitat von JvS-105
... bei kaltem Motoröl macht das Bike einen Sprung nach vorn ...

Im warmen Zustand macht es bei meiner TC88 auch nur ein sanftes Klick … im kalten Zustand bin ich dazu übergegangen mit gezogener Kupplung und eingelegtem 1 Gang zu starten – das funktioniert mehr als prima – gegen den Sprung nach vorne trete ich die Fußbremse. 

Der brutale Schlag beim einlegen des ersten Ganges im kalten Zustand tut mir in der Seele weh. 

Gruß Alex


Ach ja, "der" war übrigens gut Freude:

"... der Anlasser reisst jedesmal eine Mauer ein beim Starten ..."

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Es ist besser, das Leben hat keinen Sinn, als es hat einen Sinn, dem ich nicht zustimmen kann - (Ashleigh Brilliant)


Geschrieben von Cruiser-Alex am 30.06.2016 um 08:27:

... allererste Sahne und butterweich zu schalten ...

Das kann ich nur bestätigen ... außer der 1. Gang Geschichte im kalten Zustand ist das Getriebe superschön perfekt und weich zu schalten.

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Es ist besser, das Leben hat keinen Sinn, als es hat einen Sinn, dem ich nicht zustimmen kann - (Ashleigh Brilliant)


Geschrieben von Skogr am 30.06.2016 um 09:06:

Man möge mich steinigen, auslachen oder mit sonstigen Unbill belegen,traurig
im kalten Zustand, auf ebener Stelle schieb ich ein kleines beherztes Mal an (30 cm bewirken Wunder)  und lege dann den Gang ein, der Erste klackt sanft ein.

Weils mir eben geht wie dem Vorredner, tut weh wenns kracht.

Bei den restlichen Gängen hab ich weder im kalten noch warmen Zustand je ein lauteres Geräusch gehabt. Auch kann ich für TC 88 das butterweiche Getriebe bestätigen. 
Lustiges Sommerlochthema smile  

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Zuviel Auswahl macht Stress
 


Geschrieben von JvS-105 am 30.06.2016 um 09:09:

Zitat von Skogr

Lustiges Sommerlochthema smile

großes Grinsengroßes Grinsengroßes Grinsengroßes Grinsen

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Geschrieben von Cruiser-Alex am 30.06.2016 um 10:48:

Zitat von Skogr
Man möge mich steinigen, auslachen oder mit sonstigen Unbill belegen,traurig
im kalten Zustand, auf ebener Stelle schieb ich ein kleines beherztes Mal an (30 cm bewirken Wunder)  und lege dann den Gang ein, der Erste klackt sanft ein.

Das würde ich exakt genauso machen - dafür steinigt Dich bestimmt niemand smile  - aber, wenn mein Moped aus seiner Holzgarage rausgeschoben wird dann steht es mit beiden Beinen - ääähhh Rädern auf unserem Rasen, der zu allem Übel noch eine leichte Steigung aufweist - wäre ne ziemliche Kraftanstrengung um nicht zu sagen beinahe unmöglich - so handhabe ich es wie beschrieben cool .

Aber ansonsten jederzeit wie Du es machst Augenzwinkern
 

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